Polygamie ist weit verbreitet
Nur einige Vögel, Nagetiere oder Krokodile bleiben mit ihrem Geschlechtspartner bis ans Lebensende zusammen. Im Gegensatz zu monogam lebenden Tieren paart sich ein polygames Lebewesen mit mehreren Vertretern des anderen Geschlechts. Das Zusammenbleiben funktioniert immer nur so lange, bis einer der beiden Partner Aussicht auf ein noch schöneres Weibchen beziehungsweise auf ein noch besser ausgestattetes Männchen hat.
Marienkäfer wechseln zum Beispiel etwa alle zwei Tage ihren Geschlechtspartner. Auch höher entwickelte Tiere tauschen ihre Partner: Zwischen 98 und 99 Prozent der Säugetiere leben polygam.
Löwenmännchen vergnügen sich beispielsweise regelmäßig mit unterschiedlichen Damen ihres Harems, genauso wie unsere nächsten Verwandten, die Primaten. Ob Orang-Utans, Gorillas, Schimpansen oder Bonobos: Bei den Menschenaffen gibt es kaum exklusive Partnerbindungen.
Gründe für Seitensprünge
Die Gründe für das polygame Verhalten der Tiere sind vielfältig. Zum einen zahlt sich Untreue aus Sicht der Evolution aus. Sie stellt sicher, dass eine große genetische Variabilität gewährleistet ist.
Das heißt: Je häufiger die Mitglieder einer Gruppe ihren Geschlechtspartner wechseln, desto mehr unterschiedliche Kombinationen des Erbguts gibt es, und desto höher ist die Überlebenschance der Art.
Die Nachkommenschaft untreuer Tiere ist so nämlich mit sehr verschiedenen Merkmalen ausgestattet, da sie die Gene unterschiedlicher Elternteile in sich vereint. Dies erweitert die Möglichkeiten der Art, sich an veränderte Klimabedingungen oder ein neues Nahrungsangebot anzupassen.
Zum anderen hat Untreue auch einen sozialen Effekt. Bei weiblichen Fledermäusen der Art "Große Hufeisennase" ist es zum Beispiel durchaus üblich, dass Tochter, Mutter und Großmutter sich mit demselben Männchen paaren. Dies, so zeigen Untersuchungen, wirkt sich positiv auf den sozialen Zusammenhalt innerhalb der Fledermauskolonie aus.
Ähnlich ist es bei den Bonobo-Affen. Konflikte in der Gruppe klären sie häufig über Sex – auch mit gleichgeschlechtlichen Mitgliedern. Untreue fördert bei einigen Tierarten also auch das Gemeinschaftsgefühl.
Risiken und Nebenwirkungen der Untreue
So positiv die Auswirkungen der Seitensprünge für die Arterhaltung auch sein mögen, mitunter werden sie hart bestraft. Das Rotrücken-Waldsalamander-Weibchen zum Beispiel nimmt die fremden Sexualduftstoffe der Nebenbuhlerin auf der Haut "ihres" Männchens wahr und ächtet dessen Untreue mit heftigen Bissen.
Auch der Umgang mit den fleischgewordenen Folgen der Seitensprünge ist mitunter sehr rabiat. Während die Kuckuckskinder in den Nestern von Tannenmeisen vielfach unbemerkt heranwachsen, bringen die Berggorillamännchen die fremden Jungen meist um.
Auch bei Schimpansen hat fremder Nachwuchs normalerweise keine Überlebenschance, da die Männchen nur ihre eigenen Kinder dulden. Die Schimpansenweibchen verfolgen daher eine interessante Strategie: Durch laute Paarungsrufe machen sie möglichst viele Männchen auf sich aufmerksam und haben in kurzer Zeit mit vielen von ihnen Sex. So schützen die Weibchen ihre möglichen Nachkommen vor tödlichen Übergriffen der Männchen, da diese nun unsicher sind, von wem das Baby stammt.
Doch wer Sex mit vielen Partnern hat, erhöht die Gefahr, sich mit Geschlechtskrankheiten zu infizieren. Marienkäferweibchen können sich von ihren Geschlechtspartnern zum Beispiel eine Milbe einhandeln, die sie unfruchtbar macht.
Noch drastischer sind die Folgen offenbar bei Hummeldamen. Hier senkt die Untreue angeblich die Lebenserwartung. Forscher haben herausgefunden, dass Hummeln, die Sex mit verschiedenen Männchen haben, in jeder Hinsicht weniger fit sind als solche, die nur mit einem Partner verkehren. Der Grund hierfür scheinen die gesundheitsschädlichen Nebenwirkungen der männlichen Samen zu sein.
(Erstveröffentlichung 2008. Letzte Aktualisierung 20.06.2017)