Am Anfang ist das Wasser
Besonders faszinierend ist für viele die unglaubliche Vielfalt der Schneekristalle, denn keine Flocke gleicht der anderen. Ob als Plättchen, Prismen oder Sterne – Schnee fällt stets in anderer Form vom Himmel.
Schneekristalle entstehen in höheren, kalten Luftschichten, wenn kleine Wassertröpfchen in den Wolken gefrieren oder sich Wasserdampf an einem Gefrierkern anlagert. Solche Gefrierkerne können zum Beispiel Staubteilchen oder Rußpartikel sein.
Damit sich Schneekristalle bilden können, müssen die Temperaturen in den Wolken zwischen minus vier und minus 20 Grad Celsius liegen.
Ist es in den hohen Luftschichten kälter als minus 30 Grad, schneit es in der Regel nicht mehr, denn dann ist die Luft zu trocken, um Schneekristalle zu bilden. Liegen die Werte am Boden um den Gefrierpunkt, ist die Wahrscheinlichkeit für Schneefall am größten.
Sind die Temperatur-Voraussetzungen erfüllt, beginnt der lange Weg des Schneekristalls nach unten. Den ersten Teil der Strecke legen die winzig kleinen Gebilde, die zunächst nicht größer als 0,1 Millimeter sind, in den Wolken zurück, in denen sie entstanden sind.
Weil sich dabei immer mehr Wasserdampf an den einzelnen Eiskristallen festsetzt, werden sie größer und vielfältiger. Das unterscheidet Schneekristalle auch von gefrorenen Regentropfen, die als Hagelkörner vom Himmel fallen.
Schneekristalle – kein Massenprodukt
Bis das Schneekristall unten auf der Erde angekommen ist, passiert es verschiedene Luftschichten. Je nach Temperatur und Luftfeuchtigkeit bilden sich dabei zunächst die unterschiedlichen Grundformen aus.
Das können bei tieferen Temperaturen Plättchen und hohle Prismen sein. Sind die Temperaturen höher, formen sich unter anderem Eisnadeln. Am häufigsten sind Kristalle mit vielen Verästelungen, die sogenannten Dendriten. Sie erinnern an Sterne und gelten für viele als das typische Schneekristall.
Fällt etwa ein Prisma, das in Luftschichten von rund minus 25 Grad Celsius entsteht, aus der Atmosphäre auf die Erde, verändert sich seine Grundform auf diesem Flug immer weiter. Es kann zum Beispiel sein, dass sich an den Enden des Prismas – je nach Temperatur – Schneesterne oder andere Kristallformen bilden. So individuell wie der Weg des Kristalls ist also auch seine Gestalt.
Individuell, aber immer mit sechs Ecken
Obwohl die Formenvielfalt der Schneekristalle so groß ist, haben alle eine Gemeinsamkeit: Sie sind immer sechseckig. Wissenschaftler führen das auf die molekulare Struktur des Wassers zurück.
Dass die Kristalle verästelt sind und dadurch die größtmögliche Oberfläche haben, hängt damit zusammen, dass sie auf diese Weise am besten die Wärme abgeben und so schneller gefrieren können.
Nur selten fallen Schneekristalle einzeln zu Boden. Was wir gemeinhin als Schneeflocken bezeichnen, sind fast immer mehrere Kristalle, die durch kleine Wassertropfen miteinander verbunden sind.
Dabei gilt: Je milder die Witterung, desto größer und feuchter sind die Flocken. Ist es relativ kühl, fällt der Schnee in feinen Kristallen. Einige Schneeforscher sprechen dabei von "Diamantschnee".
In der Schweiz nennt man Schnee, der besonders fein ist, auch "Wildschnee". Auch "Pulverschnee", ein lockerer, relativ trockener Schnee, fällt dann, wenn es relativ kühl ist.
Vom Neuschnee zum Gletschereis
Die Verwandlung der Schneekristalle ist noch lange nicht beendet, wenn die Flocken auf dem Boden angekommen sind. Unter dem Einfluss von Wind, Sonneneinstrahlung, Temperatur und sonstigen Niederschlägen verändert sich der Schnee weiter. So wird aus frisch gefallenem Schnee nach und nach der körnige Altschnee.
Während bei Neuschnee das Verhältnis von Masse zu Volumen, also die spezifische Dichte, ungefähr bei 100 Kilogramm pro Kubikmeter liegt, hat Altschnee eine spezifische Dichte von rund 200 bis 300 Kilogramm pro Kubikmeter.
Bleibt der Schnee länger als ein Jahr liegen, sprechen Fachleute von "Firn". Das ist altdeutsch und bedeutet "alt". Nach mehreren Jahren verwandelt sich "Firnschnee" in das grünlich oder bläulich schimmernde Gletschereis. Dieses Eis hat eine spezifische Dichte von bis zu 910 Kilogramm pro Kubikmeter.
Schnee aus der Kanone
Derzeit gibt es keine zuverlässigen Prognosen darüber, ob in Zukunft mehr oder weniger Schnee fallen wird. Gerade für die Touristik- und Skiindustrie ist die weiße Pracht ein wertvoller Rohstoff. Aber ebenso wenig wie andere Wetterphänomene kann man den Schneefall beeinflussen.
Abhilfe schaffen Schneekanonen und andere Beschneiungsanlagen, die künstlichen Schnee liefern. Mehrere tausend davon stehen allein in den Alpen.
Hauptbestandteil solcher Schneekanonen ist ein Propeller. In das Gebläse wird kaltes Wasser eingesprüht und durch die Luft so weit abgekühlt, dass die Temperaturen unter den Gefrierpunkt sinken. Die Gefrierkerne, die für die Entstehung von Schneekristallen notwendig sind, sind in der Luft sowieso schon enthalten.
Weil man in möglichst kurzer Zeit Schnee herstellen möchte, wird die Luft in der Regel auf minus 40 Grad abgekühlt. Auf diese Weise entstehen keine Sterne, sondern Prismen und Plättchen, was zur Folge hat, dass der Kunstschnee viel kompakter ist als natürlicher Schnee.
Deshalb ist Kunstschnee auch nicht bei allen beliebt. Viele Wintersportler haben zum Beispiel Angst, dass sie sich auf den künstlichen Pisten schneller verletzen könnten.
Kritik von Umweltschützern
Auch unter Naturschützern sind Schneekanonen und andere künstliche Beschneiungssysteme umstritten. Sie befürchten unter anderem, dass sich die Vegetation durch die künstlich verlängerte Skisaison nicht ausreichend erholen kann. Auch der hohe Strom- und Wasserverbrauch wird von vielen Umweltschutz-Organisationen kritisiert.
Besondere Bedenken gibt es zudem, wenn dem Wasser spezielle Bakterien zugesetzt werden, um die Eiskristallisation zu beschleunigen. Da es noch keine Langzeitstudien dazu gibt, lehnen nicht nur viele Naturschützer solche Impfmittel ab, wie sie im Fachjargon heißen.
Dass man mit Schnee gute Geschäfte machen kann, zeigen auch die Skihallen, die es inzwischen immer öfter gibt. Bei Kunstschnee und Après-Ski-Partys hat man zum Beispiel in Neuss oder Bottrop zumindest die Illusion, auf der Piste zu sein.
Selbst das sonnige Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten leistet sich eine Skihalle, die täglich von Touristen und Einheimischen gut besucht wird.
(Erstveröffentlichung 2007. Letzte Aktualisierung 08.12.2020)