Naturschauspiel vor einmaliger Kulisse
Wer Sankt Petersburg zwischen Ende Mai und Anfang Juli besucht, kann sich leicht in die Stadt verlieben. In diesen Wochen geht die Sonne nie ganz unter und ein magisches Licht beherrscht die prachtvolle Großstadt. Maler und Dichter haben diese besonderen Nächte zahlreich verewigt und noch heute sind viele Petersburger die ganze Nacht wach, um diese besondere Stimmung zu erleben und zu feiern.
Die längste Weiße Nacht ist die vom 21. auf den 22. Juni. Besonderes Schauspiel in diesen Nächten ist das Hochziehen der Newa-Brücken. Zwischen 1 Uhr 30 und fünf Uhr öffnen sich die Brücken, um große Schiffe und Frachter durchzulassen. An den Ufern wird gefeiert, getanzt, gelacht und getrunken.
"Venedig des Nordens"
Sankt Petersburg gilt als die eigentliche Kultur-Hauptstadt Russlands, so zumindest verstehen sich die Petersburger selbst. Das besondere Flair entsteht unter anderem durch die zahlreichen Kanäle, die sich durch die Stadt ziehen.
In 42 Inseln ist die Stadt unterteilt – nicht umsonst wird Sankt Petersburg auch "das Venedig des Nordens" genannt. Das Wasser stammt von der Newa, die bei Sankt Petersburg in den Finnischen Meerbusen mündet.
Die strategisch günstige Lage – von der Newa-Mündung ließ sich der Fluss ins Landesinnere sehr gut kontrollieren – erkannte auch Zar Peter der Große, der Petersburg 1703 zunächst mit der Errichtung der Peter-Paul-Festung gründete. Die Lage war jedoch denkbar ungünstig, um eine Stadt zu gründen: Das ganze Gebiet war Sumpfgebiet, das zunächst trockengelegt werden musste.
Ab 1706 wurden dafür zahlreiche Leibeigene zwangsrekrutiert. Sie mussten den Boden für eine gigantische Stadtneugründung bereiten. Viele Arbeiter starben an Unterernährung, Malaria oder Skorbut.
Sankt Petersburg als Hauptstadt
Peter der Große machte die neue Metropole zur Hauptstadt des Russischen Reiches. Noch heute liegt hier der wichtigste russische Ostsee-Hafen. Die Innenstadt ist Weltkulturerbe der Unesco. Die Zaren von rund zwei Jahrhunderten erbauten in ihrer Hauptstadt ihre Prunkbauten und machten Petersburg zu dem, was es heute ist.
Besonders Katharina die Große, eine der bedeutendsten Zarinnen der russischen Geschichte, ließ viel bauen: unter anderem den Winterpalast, das Smolny-Kloster und den Katharinenpalast, den sie zu Ehren ihrer Mutter im Stil Francesco Rastrellis umbauen ließ. Sie war es auch, die Sankt Petersburg ganz im Sinne Peters des Großen wieder nach Westen öffnete und viele europäische Künstler und Architekten in die Metropole holte.
Obwohl Sankt Petersburg mehr als zwei Jahrhunderte Hauptstadt war, spielte Moskau immer eine wichtige Rolle. In all den Jahren blieb der Kreml das Machtzentrum des Reiches.
Namensgebung spiegelt die Geschichte
Sankt Petersburg wurde als Sankt-Pieterburch gegründet, aber schon kurz darauf in Sankt Petersburg umbenannt. Anders als oft vermutet, benannte Peter der Große die Stadt nicht nach sich selbst, sondern nach seinem Schutzheiligen, dem Apostel Simon Petrus.
Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde der zu deutsch klingende Stadtname russifiziert – aus Sankt Petersburg wurde 1914 Petrograd. Bereits zehn Jahre später, nach dem Tod von Lenin, stand jedoch wieder eine Umbenennung bevor: Petrograd wurde am 26. Januar 1924 zu Leningrad.
Begründet wurde der erneute Namenswechsel damit, dass in der Stadt die Oktoberrevolution stattgefunden hatte, die von Lenin geführt worden war. Doch dahinter steckte mehr: Sankt Petersburg war der Inbegriff des Zarenreichs, die Umbenennung symbolisierte den Systemwechsel.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion kam es zu einer Volksabstimmung über den künftigen Namen. Eine knappe Mehrheit sprach sich für die Rückbenennung in Sankt Petersburg aus. Gleichzeitig erhielten auch viele Straßen, Brücken und Metro-Stationen ihren früheren Namen zurück.