Wer es schon morgens kaum erwarten kann, mit seiner Arbeit zu beginnen und am Abend mit dem Hochgefühl der Zufriedenheit nach Hause kommt, der weiß, was für ein kostbares Geschenk sie ist: die Motivation. Sie bringt nicht nur Erfolg, sondern auch Glücksgefühle.
Wenn wir es verstehen, Motivation sprudeln zu lassen, ohne uns dabei zu verausgaben, schafft sie Raum für Inspiration und innere Erfüllung. Doch leider kommt sie nicht immer auf Knopfdruck.
Was tun, um einen neuen Motivationsschub zu bekommen?
Bei der täglichen Arbeit, in der Schule oder Ausbildung macht Motivation sich oft rar. Und oft ist es gar nicht so einfach, zu verstehen, wieso das so ist. Ob Prüfung oder Projekte – was zuerst mit großem Elan startete, kann plötzlich in Lustlosigkeit münden.
Lernforscherin Michaela Brohm-Badry empfiehlt dann, zunächst die eigene Strategie kritisch zu überprüfen. Ist der Arbeitsplan realistisch oder müsste er angepasst werden?
Als nächstes können Veränderungen der Lern- beziehungsweise Arbeitstechniken einen neuen Motivationsschub bringen: die Umgebung verbessern, um ein Arbeiten in Ruhe zu ermöglichen, das kann erster Schritt sein.
Besonders hilfreich ist es außerdem, sich einen klaren Überblick über die gesamte Arbeit zu verschaffen – alles auflisten, in kleinere Einheiten zerteilen und verbindliche Etappen für die Bewältigung festlegen.
Das ist zwar erst mal Zusatzarbeit, hat sich aber bewährt. Denn in dem Moment, in dem das Vorhaben überschaubar wird, wächst das Vertrauen, es auch zu schaffen – eine echte Motivationskurbel.
Was motiviert Menschen?
Der US-amerikanische Psychologe Abraham Maslow erstellte 1943 eine Bedürfnispyramide. Sie gilt bis heute als ein brauchbares Modell, um die Entstehung von Motivation zu erklären. Demnach handelt ein Mensch, wenn ein Bedürfnis unbefriedigt bleibt.
Am unmittelbarsten motivieren physiologische Bedürfnisse wie Hunger, Durst, Schlaf, körperliches Wohlbefinden, gefolgt von den Bedürfnissen nach Sicherheit und sozialer Anerkennung. Erst danach geht es um Bedürfnisse wie Wertschätzung und Selbstwertgefühl.
Die entscheidende Triebfeder der Motivation ist nach diesem Modell der Bedürfnispyramide, dass dem Menschen etwas fehlt, was er braucht oder gerne hätte. Wer sich Ansehen, Wertschätzung und Prestige wünscht, ist also durch diese Faktoren motivierbar.
Dieses Wissen hat in der Arbeitswelt längst Niederschlag gefunden. Ein Lob des Chefs, eine Beförderung, ein Bonus – damit werden Angestellte und Arbeiter zu besseren Arbeitsleistungen angespornt.
Schon sehr alt ist die Unterscheidung zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation. Sie geht vermutlich bereits auf Aristoteles zurück, der zwar nicht diese Begriffe verwendete, aber in der Nikomachischen Ethik unterschied zwischen der Lust, die einer Tätigkeit wesensmäßig zugehört, und der Lust, die von außen hinzutritt.
1918 verwendete der US-amerikanische Psychologe Robert S. Woodworth das Begriffspaar intrinsic/extrinsic. Extrinsisch meint dabei von außen durch Auszeichnung und Extra-Geld beeinflussbare Motivation, intrinsisch die von innen heraus entstehende Motivation, wenn die Arbeit Spaß macht oder einem Ziel folgt, mit dem man sich identifiziert.
Noch genauer ins Detail ging hier die Theorie der Selbstbestimmung aus den 1980er-Jahren von Edward Deci und Richard Ryan. Die beiden Psychologen der US-amerikanischen Universität in Rochester stellten heraus, dass drei Faktoren besonders motivierend wirken können: erstens Autonomie, also das selbstbestimmte Arbeiten, zweitens das Gefühl der Kompetenz, also das Spüren der eigenen Fähigkeiten bei der Arbeit, und drittens ein angenehmes soziales Klima, also die Zugehörigkeit zu einer Gruppe netter Kollegen und Kolleginnen.
Wie gut motiviert Geld?
Geld als Motivator spielt in der Arbeitswelt eine große Rolle. Forschungen haben gezeigt, dass Geld bis zu einem Einkommen von 5000 Euro im Monat Wohlbefinden und Motivation steigert. Umgekehrt kann das Gefühl der Unterbezahlung die Motivation mindern. Die ungleiche Bezahlung gleicher Arbeit wirkt sich besonders negativ aus, die schrittweise Steigerung des Gehalts wiederum ausgesprochen positiv.
Bei ihrer Arbeit ist den meisten Menschen eine Perspektive des persönlichen Wachstums wichtig. Sie wollen sich entwickeln. Ein steigender Bonus befriedigt dieses Bedürfnis, aber nicht allein.
Zu einer guten Strategie der Mitarbeitermotivierung gehört mehr: Der Arbeitsplatz muss attraktiv sein, insbesondere im Hinblick auf das soziale Umfeld – also die Kollegen und Vorgesetzten –, Eigeninitiative soll gefördert werden, und die Mitarbeiter brauchen Erfolgserlebnisse, um motiviert zu bleiben.
Was passiert, wenn wir besonders motiviert sind? – Die Magie des "Flows"
Flow bezeichnet ein Glücksgefühl, das durch völliges Aufgehen in einer Tätigkeit, die jemand gerade ausübt, entsteht. Durch tiefe Konzentration entsteht eine Dynamik, in der scheinbar alles wie von selbst geht.
Die meisten Menschen kennen den Flow-Zustand aus ihrer Freizeit – beim Sport, beim Singen oder Musizieren oder beim Tanzen. Aber Flow ist etwas, das bei jeder Tätigkeit entstehen kann, wenn sie genau zu demjenigen passt, der sie gerade ausübt.
Wer das Hobby zum Beruf macht, hat gute Chancen auf wiederkehrende Flow-Erlebnisse. Der Körper hilft dabei, es ist ein großer Motivationsunterstützer. Wenn ein Mensch in seinem Element ist – also das tut, was ihn glücklich macht – schüttet sein Körper erst Dopamin aus, damit er das Ziel erreicht, und anschließend zur Belohnung das Glückshormon Serotonin.
Wer nie in einen Flow kommt, habe entweder noch nicht das gefunden, was ihm Spaß mache, sagt Motivationsforscherin Michaela Brohm-Badry, oder er schließe seine Projekte nicht ab und gebe zu früh auf.
Flow kann aber auch süchtig machen. Computerspiele bergen zum Beispiel diese Gefahr. Sie sind oft so ausgelegt, dass leicht ein Flow entsteht. Die Exit-Strategie muss dann jeder selber finden.
Sucht kann aber nicht nur beim Computerspielen, sondern auch beim Arbeiten im Flow entstehen. Wer es liebt, sich in eine Tätigkeit zu versenken und dabei die Zeit vergisst, genießt zwar einen begnadeten Zustand, muss sich aber auch selbstkritisch fragen: Kann ich das Verlangen noch steuern?
Das ganzheitliche Motivationskonzept "HiGrow"
Das "HiGrow"-Konzept zielt auf die Entfaltung des eigenen Potenzials. Es wurde von der Psychologin Michaela Brohm-Badry entwickelt, und soll helfen, ein erfülltes Leben zu führen. Im Zentrum steht dabei "Identity" – das Herausfinden der eigenen Identität. Wer bin ich und was will ich im Leben anfangen?
Wer sich auf die Suche nach echter Motivation macht, sollte sich diese Frage stellen, sagt die Forscherin, denn Ziele müssten etwas mit einem selbst zu tun haben. Dann sollte sich jeder Mensch in einem zweiten Schritt Gedanken über sein ideales zukünftiges Ich machen. Welche Art Mensch möchte ich sein? In welche Richtung möchte ich mich entwickeln?
Dritter Schritt: "Go for it" – losgehen.Im Fokus steht dabei die Richtung, nicht das Endergebnis. Deshalb: Nicht alles auf einmal in Angriff nehmen, sondern erste, passende Etappen, die auf den eigenen Stärken aufbauen und nicht auf den Schwächen, damit sich bald sagen lässt: "Ich habe das geschafft und schaffe das auch wieder."
Unterstützend bei dieser Strategie der kleinen Schritte soll "Reward" wirken, die Belohnung. Es dürfen Selbstgespräche geführt werden, wie zum Beispiel: "Ich habe heute viel gelernt. Ich bin ein wissbegieriger Mensch." Eine Empfehlung, die die alte Devise "Eigenlob stinkt" aushebelt. Forschungen belegen tatsächlich: Das menschliche Gehirn reagiert auf positive Selbstbewertungen ähnlich wie im Flow-Zustand und schüttet Dopamin und Serotonin aus.
Zum "HiGrow-Konzept" gehören auch Faktoren der Selbstüberprüfung. "Open-Mindedness" empfiehlt eine immerwährende Offenheit für Neues, "Wellbeing and Health" die Besinnung auf das Wohlbefinden. "HiGrow" ist also ein ganzheitliches Konzept, bei dem es darum geht, nicht nur das nächste Ziel, sondern die eigene Persönlichkeit zu entwickeln.
UNSERE QUELLEN
- Prof. Dr. Michaela Brohm-Badry: Motivation – das Beste aus der Forschung
- Deci, Edward L.; Ryan, Richard M. Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik, Zeitschrift für Pädagogik 39 (1993) 2, S. 223-238
- Prof. Dr. Falko Rheinberg, Universität Potsdam 2004: Intrinsische Motivation und Flow-Erleben
- Überblick über grundlegende Motivationstheorien