Angst

Phobien – Angst vor dem Alltag

Viele Menschen mit Phobien können kein normales Leben führen: Sie trauen sich nicht auf die Straße oder haben panische Angst vor einer Krankheit. Selbst wenn die Betroffenen wissen, dass ihre Ängste unbegründet sind, können sie sich nicht davon befreien.

Von Johannes Eberhorn

Phobien, Panik- und Angststörungen

Das Wort Phobie leitet sich vom griechischen "phobos" ab, das Angst beziehungsweise Furcht heißt. Mediziner betrachten die Phobie als einen Typ der sogenannten Angststörungen, zu denen außerdem Panikstörungen sowie die generalisierte Angststörung zählen.

Leidet ein Patient unter Panikstörungen, so treten bei ihm immer wieder Panikattacken auf, das heißt, er hat große Angst, ohne dass es dafür einen bestimmten Auslöser gibt.

Während eine solche Attacke im Normalfall zehn bis 30 Minuten dauert, hält die Angst bei einer generalisierten Angststörung über mehrere Monate an, ohne dass sich der Betroffene dauerhaft von ihr befreien kann. Auch diese Form der Störung wird meistens nicht durch spezifische Situationen oder Objekte ausgelöst.

Ein Mensch, der unter einer Phobie leidet, hat dagegen vor ganz bestimmten Dingen oder Begebenheiten Angst. Den Betroffenen ist dabei bewusst, dass ihre Furcht völlig unbegründet und für Außenstehende nicht nachvollziehbar ist. Trotzdem gelingt es ihnen nicht, sich von ihren Ängsten zu lösen. Forscher unterscheiden drei Formen von Phobien: Soziale Phobie, Agoraphobie und spezifische Phobien.

Soziale Phobie – Angst vor Kritik

Menschen, die unter dieser Störung leiden, fürchten sich vor negativen Bewertungen ihrer Umwelt. Sie haben Angst davor, sich vor anderen zu blamieren und dafür kritisiert zu werden, zum Beispiel bei einem Vortrag oder einem gemeinsamen Essen. Häufig sind Menschen betroffen, die sowieso schon ein geringes Selbstwertgefühl haben.

Die Phobie kann sich ausschließlich auf eine klar definierte Situation beziehen. So scheuen sich etwa manche Menschen davor, vor anderen eine Unterschrift zu leisten, weil sie befürchten, dass ihre Hand dabei zittern könnte.

Eine soziale Phobie kann sich im Extremfall aber auch auf sämtliche Lebensbereiche ausdehnen, so dass kaum noch Kontakte zur Außenwelt möglich sind. Die Betroffenen sind dann nicht einmal mehr in der Lage, einen Zahnarzttermin zu vereinbaren oder jemanden nach dem Weg zu fragen.

Häufige Folge beziehungsweise Begleiterscheinungen der sozialen Phobie sind Depressionen und Alkoholismus. Außerdem entwickeln manche Betroffene Zwangshandlungen wie zum Beispiel einen Putzzwang, um den angenommenen Anforderungen ihrer Umwelt zu genügen.

Soziale Phobien – Angst vor dem Rampenlicht Planet Wissen 12.12.2019 01:43 Min. Verfügbar bis 12.12.2024 WDR

Agoraphobie – wenn der Stadtbummel zur Qual wird

Die Agoraphobie ist auch unter dem Namen Platzangst bekannt, sollte allerdings nicht verwechselt werden mit der Klaustrophobie, also der Angst vor engen Räumen. Bei der Agoraphobie fürchten sich die Betroffenen vor Situationen, denen sie sich bei einer Panikattacke nur schwer oder unter peinlichen Umständen entziehen können. Besonders Angst einflößend ist für sie die Vorstellung, in der Öffentlichkeit die Kontrolle über sich zu verlieren, umzufallen und hilflos am Boden zu liegen.

Diese Ängste treten beispielsweise auf öffentlichen Plätzen, in Menschenmengen und bei Reisen auf. Schon ein Einkaufsbummel, die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder ein Kinobesuch kann für die Betroffenen zur Qual werden. Sie versuchen deshalb meist, diese Situationen zu vermeiden und schotten sich manchmal vollkommen von ihrer Außenwelt ab.

Von der Masse erdrückt | Bildquelle: dpa/Franziska Kraufmann

Spezifische Phobien

Spezifische Phobien sind dadurch gekennzeichnet, dass ein Mensch vor einer klar definierten Situation oder einem bestimmten Objekt Angst hat. Zu den häufigsten Formen zählen die Angst vor Tieren (zum Beispiel Hunde, Schlangen oder Spinnen), die Klaustrophobie, Höhenangst, Flugangst oder die Angst vor Ansteckung mit einer gefährlichen Krankheit.

Die Gänsehaut, die viele Menschen beim Anblick einer großen Spinne haben, ist aber noch keine Phobie. Als krankhaft wird die Angst erst dann angesehen, wenn sie die alltäglichen Aktivitäten und Beziehungen einschränken.

Flugangst ist weit verbreitet | Bildquelle: picture alliance/imageBROKER

Ursachen von Phobien

Forscher wissen bisher nicht, wodurch eine Phobie im Einzelfall verursacht wird. Mögliche Erklärungen liefern zum Beispiel die Psychoanalyse, die Lerntheorie und die Genetik.

So geht etwa die Psychoanalyse davon aus, dass die Phobie in Folge eines inneren Konflikts des Betroffenen entsteht. Um diesem Konflikt aus dem Weg zu gehen, wird er in Form einer Phobie nach Außen verlagert. Der Phobiker projiziert seine inneren Ängste also auf ein bestimmtes Objekt.

Die Lerntheorie besagt dagegen, dass die Furcht von einer anderen Person übernommen, also erlernt werden kann. Hat etwa eine Mutter panische Angst vor Spinnen, kann sich diese durch das täglich erlebte Vorbild auch auf ihre Kinder übertragen.

Ein weiterer Auslöser für eine Phobie kann die genetische Veranlagung des Betroffenen sein. Experten sind sich allerdings einig, dass in den meisten Fällen nicht nur ein Faktor für eine Erkrankung verantwortlich ist. Diese tritt meistens erst dann auf, wenn mehrere Ursachen zusammenkommen.

Therapiemöglichkeiten

Wird eine Phobie erst einmal als solche erkannt, ist sie in den meisten Fällen gut zu behandeln. Meist raten Experten zu einer Kombination aus Psychotherapie und Medikamenten wie etwa Beruhigungsmitteln oder Antidepressiva.

Im Bereich der Psychotherapie kommt besonders die Verhaltenstherapie häufig zum Einsatz, die zum Beispiel mit sogenannten Konfrontationsverfahren arbeitet. Das heißt, dass der Betroffene sich bewusst der Situation aussetzt, vor der er Angst hat und die er bisher gemieden hat. Dadurch sieht er, dass ihm überhaupt keine Gefahr droht und kann so allmählich lernen, die Angst zu überwinden.

Auch Entspannungstechniken wie autogenes Training oder eine Gruppentherapie können zur Heilung beitragen. Ein Patentrezept gibt es allerdings nicht. Für jeden Patienten muss je nach Krankheitsbild ein individuelles Therapieprogramm erarbeitet werden.

Eine Therapie kann helfen | Bildquelle: Mauritius

(Erstveröffentlichung 2002. Letzte Aktualisierung 21.01.2020)