Verkehr
Taxis
Die elfenbeinfarbenen Autos mit dem gelben Schild auf dem Dach gehören zum Stadtbild einfach dazu. Sie fahren auch noch, wenn Busse und Bahnen schon Feierabend haben. Darum sind sie für viele Geschäftsleute, Touristen und Nachtschwärmer unentbehrlich.
Von Christiane Tovar
Von der Sänfte zur Pferdekutsche
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts brauchten die Transport-Unternehmer in Paris vor allem kräftige Oberarme. "Portechaise" – zu deutsch "Tragstuhl" – nannte man die Sänften, mit denen in Paris ab 1617 Menschen befördert wurden.
Doch schon in der Antike gab es die ersten Sänften: als Babylonier, Ägypter und Chinesen Stühle und Liegen bauten, mit denen Menschen transportiert werden konnten.
Sänften haben in China eine lange Tradition
Kurfürst Friedrich Wilhelm war es, der am 1. Januar 1668 die Portechaise von Paris nach Berlin brachte. Mit dem neuen Transportmittel wollte der Kurfürst nicht zuletzt den aus Frankreich zugewanderten Hugenotten eine Einkommensquelle bieten.
Dass es zunächst ausschließlich Sänften waren, die die Menschen beförderten, hatte noch einen anderen Grund. Auf den oft unbefestigten Wegen konnten sich Menschen einigermaßen sicher bewegen, während ein Fuhrwerk den Straßen nicht standgehalten hätte.
Ein Gesetz fürs neue Gefährt
Die Ablösung der Sänfte kam wieder aus Paris. Es war die Pferdekutsche. In Frankreich hießen die Kutschen offiziell "Carousse à cinq sous", weil eine Fahrt für fünf Sous zu haben war. Im Volksmund wurden die zweirädrigen Wagen allerdings nur "Fiacre" genannt.
So hieß der Schutzpatron, den Nicolas Sauvage, der Erbauer der zweirädrigen Wagen, auf dem Giebel seines Hauses aufgestellt hatte. Aus dem französischen Wort wurde im deutschsprachigen Raum schnell der Fiaker, ein Begriff, der heute noch vor allem in Österreich gebräuchlich ist.
Fiaker fahren auch heute noch durch Wien
1739 wurde das "Lohnfuhrwesen" per königlicher Kabinettsorder genehmigt. Sie legte unter anderem die Arbeitszeit für die Kutscher fest und bestimmte die Plätze, an denen die Kutschen bereitstehen sollten.
In den kommenden Jahren folgten weitere gesetzliche Bestimmungen. So wurde zum Beispiel festgeschrieben, wie sich die Kutscher ihren Gästen gegenüber zu verhalten hatten und dass die Kunden ihre Kutschen frei wählen konnten. Die Fiaker-Fahrer sollten so dazu angehalten werden, ihre Wagen entsprechend zu pflegen.
Freche Kutscher und magere Gäule
1770 gab es in Berlin 40 Wagen. Damit war der Höchststand erreicht. Auch in anderen Städten erlebte das Lohnfuhrwesen seine Blütezeit.
Zehn Jahre später ging die Zahl der Fuhrwerke zurück, in Berlin gab es sogar zeitweise gar keine Kutschen mehr, die Personen beförderten. Die Gründe dafür waren der schlechte Zustand der Wagen und das immer noch unhöfliche Benehmen der Kutscher ihren Gästen gegenüber.
Die Wende kam 1811 mit einer privaten Initiative von Alexander Mortier, einem Dessauer Pferdehändler, der seine Droschken in Berlin einsetzen wollte. Die Genehmigung dazu holte er sich vom zuständigen Polizeipräsidenten.
Der Fuhrunternehmer nannte seine Fuhrwerke Droschken. Das Wort leitet sich aus dem russischen Begriff für Fuhrwerk, "Droschki", ab. 22 Jahre lang hatte der Geschäftsmann die alleinige Konzession, dann folgte der freie Wettbewerb.
Innerhalb weniger Jahre verzehnfachte sich die Anzahl der Droschken in Berlin. Die Folge waren schlecht gepflegte Wagen und abgemagerte Pferde. In Berlin könnten die Kinder das Zählen an den Rippen der Gäule lernen, hieß es damals. Die Polizei schritt ein und zog die Hälfte der Wagen aus dem Verkehr. Erst danach normalisierte sich das Lohnfuhrwesen wieder.
Ein durchaus übliches Verkehrsmittel im Berlin des 19. Jahrhunderts
Eine Erfindung macht Karriere
Die Abrechnung der Fahrten war schon in den Zeiten der Sänfte ein schwieriges Unterfangen. In der Anfangszeit der Fiaker musste die Taschenuhr des Kutschers herhalten, wenn es um die Bezahlung ging.
Das änderte sich 1896 mit der Einführung des Taxameters, der zunächst nur in Berlin vorgeschrieben war. In Hannover dagegen mussten die Kunden noch acht Jahre mit der Uhr ihres Chauffeurs vorlieb nehmen.
Der Begriff Taxameter setzt sich zusammen aus den französischen Begriffen "taxe" (Gebühr oder Preis) und "metre" (messen). Aus dem Wort Taxameter leitete sich später die Abkürzung Taxi ab, die sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts immer mehr durchsetzte.
Die erste Taxameter-Droschke der Daimler-Motoren-Gesellschaft von 1896
Die Technik zog aber nicht nur bei der Abrechnung ein, sondern veränderte auch die Wagen selbst. Kurz vor Einbruch des 20. Jahrhunderts kamen die ersten "Kraftdroschken" auf. Ganze vier PS hatte die weltweit erste motorisierte Droschke unter der Haube, die im Mai 1897 in Stuttgart ihren Betrieb aufnahm.
Sie war von der Daimlermotoren-Gesellschaft entwickelt worden. Auch in anderen europäischen Städten löste der motorisierte Wagen die Fuhrwerke nach und nach ab. Im Jahr 1911 gab es in Berlin bereits 2000 Taxis, in Paris 5000 und in London rund 7000.
Kriege und Krisen
In den kommenden Jahren erlebte das Taxigewerbe weitere Krisen. Im Ersten Weltkrieg fehlten Benzin, Öl und auch Gummi für die Bereifung der Droschken. Die Wagen, die nicht für den Kriegseinsatz gebraucht wurden, mussten eingemottet werden.
Nach dem Krieg witterten die Automobilfabriken ihre Chance und gründeten eigene Droschkengroßbetriebe. Die Folge: Es gab zu viele Taxis für zu wenig Kunden.
Die Weltwirtschaftskrise, die mit dem "Schwarzen Freitag" am 25. Oktober 1929 begann, zog neue Pleiten nach sich. Und auch im Zweiten Weltkrieg kam das Taxigewerbe zum Erliegen. Zudem starben viele Taxifahrer bei sogenannten Bereitschaftsfahrten für das Naziregime.
Zwischen den Weltkriegen litt das Taxigewerbe
Sprechverbot und genormte Farbe
In Deutschland konnten erst nach der Währungsreform im Jahr 1948 neue Fahrzeuge ohne Bezugsschein gekauft werden. Im Gegensatz zu den Modellen aus den Vorkriegsjahren wurden jetzt normale Serienlimousinen als Taxis genutzt. Das beleuchtete Taxi-Schild auf dem Dach der Autos ist seit 1958 gesetzlich festgeschrieben. Die damals übliche Farbe der Wagen war schwarz.
Mit jeder Hitzeperiode kam die Diskussion auf, ob diese Farbe wohl die richtige wäre, denn die Wagen heizten sich extrem auf. Mitte der 1970er-Jahre schrieb der Gesetzgeber dann eine besondere Lackierung vor. Seither müssen alle Taxis die von der Industrie genormte Farbe mit der Nummer 1015 haben – einen ganz bestimmten Elfenbein-Ton.
Eine weitere deutsche Besonderheit war das Sprechverbot, das vom Bundesverkehrsministerium 1975 gefordert wurde. Danach mussten Taxifahrer, die mit ihren Gästen sprachen, ein Bußgeld zahlen. Die Fahrer setzten sich erfolgreich zur Wehr: Nach einem Jahr wurde das Gesetz wieder aufgehoben.
So hat das Taxigewerbe in Deutschland seit Beginn schon viele Gesetze und Bestimmungen erlebt. Eines davon ist bis heute im sogenannten Personenbeförderungsgesetz festgeschrieben: Jeder Gast kann sich sein Taxi aussuchen, ganz egal, wie viele elfenbeinfarbene Wagen mit dem gelben Schild auf dem Dach in der Reihe stehen.
(Erstveröffentlichung 2005. Letzte Aktualisierung 08.10.2019)
Quelle: WDR