Der Bernoulli-Effekt
Warum können Vögel fliegen? Mit dieser Frage beschäftigte sich vor rund 500 Jahren schon das Universalgenie Leonardo da Vinci. Aber es sollte noch weitere 400 Jahre dauern, ehe Otto Lilienthal den ersten bemannten Flugapparat baute und erfolgreich einen Hang hinuntersegelte.
Der Schweizer Physiker Daniel Bernoulli beschrieb im 18. Jahrhundert einen Effekt, der zur entscheidenden Grundlage für modernes Fliegen wurde: Strömende Flüssigkeiten und Gase üben einen geringeren Druck auf ihre Umgebung aus als ruhende. Je höher die Geschwindigkeit, desto kleiner der Druck.
Das lässt sich mit einem einfachen Versuch ausprobieren:
- Wenn man ein Blatt Papier an den zwei Ecken einer Seite festhält, hängt es in einem Bogen herunter.
- Bläst man dann jedoch oben über den Papierstreifen, dann ist dort die Geschwindigkeit der Luft größer als unten, wo sich die Luft nicht bewegt. Dadurch wird der Druck an der oberen Seite herabgesetzt.
- Der höhere Druck an der Unterseite drückt nun das Blatt nach oben.
Daniel Bernoulli entdeckte ein wichtiges Prinzip
Das Zauberwort: Asymmetrie
Schaut man sich einen Flugzeugflügel im Profil an, sieht man: Die Flügelunterseite ist fast gerade, während die Oberseite gewölbt ist. Der Luftstrom hat unten einen kürzeren Weg als oben, das heißt, oben strömt die Luft schneller. Nach Bernoulli heißt das nichts anderes, als dass der Druck oben geringer ist als unten – es entsteht also Auftrieb.
Ein weiterer Faktor – und für manche Experten sogar der entscheidendere – ist der Auftrieb, der durch leichtes Anstellen der Flügel entsteht. Durch die leichte Schrägstellung drückt der Flügel die vorbeigleitende Luft nach unten, was eine entsprechende Gegenkraft erzeugt. Der so erzeugte Auftrieb lässt übrigens auch Drachen steigen.
Und auch bei Kunstflugzeugen, deren Flügel ein symmetrisches Profil aufweisen, ist er von entscheidender Bedeutung. Hier wird der Auftrieb allein durch den Anstellwinkel erzeugt, was auch den Flug kopfüber ermöglicht.
Mindestgeschwindigkeit erforderlich
Jedes Flugzeug braucht, abhängig von Gewicht und tragender Fläche, eine bestimmte Mindestgeschwindigkeit. Beim Unterschreiten dieser Geschwindigkeit wird der Flügel nicht mehr glatt umflossen und die Strömung reißt ab. Das Flugzeug hat dann nicht mehr genügend Auftrieb und fällt wie ein Stein vom Himmel.
Manchmal werden die Strömungsverhältnisse auch absichtlich verändert. Dies ist zum Beispiel während der Landung üblich, um die Landegeschwindigkeit zu verringern. Zum einen kann der Pilot durch das Ausfahren der Landeklappen praktisch die Wölbung des Flügels verstärken und bei machen Flugzeugtypen auch die Fläche des Flügels vergrößern.
Jeder, der schon mal bei der Landung eines Düsenjets am Fenster gesessen hat, kennt das hydraulische Ausfahren der Flügelverlängerung. Beide Maßnahmen erhöhen den Auftrieb und ermöglichen dadurch das Absenken der Landegeschwindigkeit.
Bei einem Jumbojet beträgt sie etwa 270 Kilometer pro Stunde. Ohne Hilfsmittel müsste der Riesenvogel mit fast 400 Kilometer pro Stunde aufsetzen.
Hilfsmittel sind für eine sanfte Landung notwendig
(Erstveröffentlichung 2003. Letzte Aktualisierung 21.10.2019)
Quelle: SWR