Intensive Landwirtschaft schadet der Artenvielfalt
Wie viele Tier- und Pflanzenarten es auf der Welt gibt, weiß niemand genau. Eine Zusammenstellung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) kam Mitte der 1990er-Jahre auf rund 1,75 Millionen beschriebene Arten. Doch längst sind nicht alle Arten bekannt; gerade in unzugänglichen Gegenden wie dem Amazonasgebiet werden noch unbekannte Tiere und Pflanzen vermutet.
Regelmäßig veröffentlicht die Weltnaturschutzunion (IUCN) ihre "Rote Liste" der bedrohten Arten. Im Juli 2020 enthielt die Liste mehr als 90.000 Arten, mehr als 32.000 davon waren laut IUCN vom Aussterben bedroht – mehr als jemals zuvor.
Bei der geschätzten Gesamtmenge scheint das keine große Zahl zu sein. Doch das ökologische Gleichgewicht ist empfindlich. Stirbt beispielsweise eine Pflanze aus, von der sich eine bestimmte Insektenart vorwiegend ernährt, ist auch diese in ihrem Bestand gefährdet.
Die Gründe für das Artensterben sind vielfältig. Aber fast immer ist der Mensch der Auslöser. Alleine der intensiven Landwirtschaft und der monokulturellen Bebauung der Ackerflächen sind viele Tier- und Pflanzenarten zum Opfer gefallen. Insektizide und Pestizide töten nie nur die Schädlinge, sondern schaden auch anderen Lebewesen und Pflanzen. Wird ihr Lebensraum vergiftet, werden sie zurückgedrängt.
Nur in den seltensten Fällen suchen sich die Arten neue Nischen und neue Lebensräume – und selbst wenn das geschieht, müssen aus den neu besiedelten Flächen wiederum andere Arten verdrängt werden.
Auch Wiesen und Weiden, auf denen sich früher verschiedene Arten tummelten, werden weiter vernichtet. Was nicht für die Landwirtschaft gebraucht wird, wird in Bauland umgewandelt oder für Verkehrswege verbraucht.
Dazu kommt noch, dass in den Industrieländern immer weniger Obst-, Gemüse- und Getreidesorten kultiviert werden. Die gängigen Kartoffel- und Apfelsorten, die überall zu kaufen sind, sind nur ein winziger Bruchteil des Sortiments. Doch die anderen Sorten geraten nach und nach in Vergessenheit – langsam sterben sie aus. Dieses Verhalten des Menschen nennt die Umweltorganisation Greenpeace "genetische Erosion".
Naturwunder tropischer Regenwald
Die zunehmende Zerstörung des Lebensraumes ist für viele Arten tödlich. Besonders gefährdet ist der tropische Regenwald im Amazonas-Gebiet, in Zentralafrika und in Südostasien. Hier exisitieren schätzungsweise 70 Prozent aller tierischen und pflanzlichen Landlebewesen.
Doch das grüne Naturwunder ist bedroht – und mit ihm das Weltklima und viele Arten. Jährlich werden enorme Flächen des Regenwaldes abgeholzt und in Industrieland oder – schlimmer noch – in Brachen umgewandelt. Das Holz wird an die Möbel- und Papierindustrie verkauft. Die in den Wäldern lebenden Arten werden immer weiter verdrängt, die Populationen schrumpfen oder sterben ganz aus. Was aber einmal vom Erdboden verschwunden ist, ist für alle Zeiten verloren.
In den Ozeanen sieht es nicht viel besser aus. Die Meere bedecken 71 Prozent der Erdoberfläche. Angefangen von Bakterien und Plankton über Garnelen, Krabben und Krebse bis hin zu gigantischen Kraken vermutet man über zehn Millionen Arten von Meeresbewohnern. Doch auch hier droht der Mensch durch Überfischung und Verschmutzung vielen Arten den Garaus zu machen.
Trophäenjäger und "Volksmediziner"
Andere Tiere und Pflanzen sind in ihrer Existenz bedroht, weil Urlauber gefährdete Arten vom ihren Reisen mitbringen – lebend, ausgestopft oder verarbeitet.
Allein die Zollfahnder am Frankfurter Flughafen beschlagnahmen jedes Jahr Zehntausende bedrohte Tierarten wie Schlangen, Wasserschildkröten oder Leguane. Jäger, die nur auf Felle, Hörner oder Geweihe der getöteten Tiere aus sind, tun ein Übriges bei der Ausrottung bedrohter Tierarten.
Auch die so genannte "Volksmedizin" fügt der Natur großen Schaden zu. Vielen exotischen Tieren werden beispielsweise in asiatischen Ländern bestimmte Heilkräfte zugeschrieben. Tigerknochen sollen gegen Rheuma helfen, Schlangenfett gegen Asthma und Schildkrötenpanzer bei Heiserkeit.
Die meisten dieser Tiere sind vom Aussterben bedroht. Dennoch werden sie teilweise gegen sehr hohe Prämien gejagt, denn mit ihnen lässt sich eine Menge Geld verdienen.
Aber es gibt auch Licht im dunklen Kapitel des Artensterbens. Viele Staaten haben erkannt, dass die Artenvielfalt, die sogenannte Biodiversität, erhalten werden muss und haben Programme zum Schutz bedrohter Tiere und Pflanzen aufgelegt.
Bildungsmaßnahmen in armen Ländern und Schutzabkommen sollen der Ausrottung einen Riegel vorschieben. Nicht zuletzt die gezielte Aufklärung der Verbraucher trägt ebenfalls dazu bei, die Artenvielfalt der Erde zu erhalten – oder zumindest das Aussterben zu verlangsamen.
(Erstveröffentlichung: 2003. Letzte Aktualisierung: 22.01.2021)