Unterschiedliche Flugtechniken
Später kletterten die Insekten nicht mehr nach unten, sondern ließen sich einfach fallen. Dabei nutzten sie ihre Atem-Blättchen – eine Art Kiemen – als Gleitflügel. Aus diesen ersten Flugversuchen haben sich im Laufe der Evolution wahre Luftakrobaten entwickelt. Insekten können sehr schnell fliegen und sind wesentlich manövrierfähiger als Vögel.
Insekten haben verschiedene Techniken entwickelt, um zu fliegen. Im ursprünglichen Bauplan von Fluginsekten finden sich immer zwei Flügelpaare, aus Hautausstülpungen aus Chitin.
Je nachdem wie groß ein Insekt ist und wie schnell es fliegt, ist ihr Luftgefühl unterschiedlich zäh. Für sehr kleine Insekten fühlt sich die Luft an wie Wasser, sie schwimmen förmlich. Folgerichtig haben sie auch keine strömungsgünstigen Flügel, sondern pinselartige Schwingen.
Große und schnell fliegende Insekten dagegen besitzen meist durchsichtige Flügel. Das hintere Flügelpaar kann dabei zu so genannten Schwingkölbchen reduziert sein, die als stabilisierendes Kreiselinstrument genutzt werden.
Andere Insekten haben das vordere Flügelpaar zu einem starren Flügel ausgebildet, der wie bei einem Segelflugzeug für Auftrieb sorgt, während das hintere Flügelpaar als Motor den Vortrieb erzeugt. Ein Beispiel dafür ist der Schnellkäfer.
Viele Arten nutzen aber beide Flügelpaare. Unter ihnen gelten Libellen als Meisterstück der Natur. Die Flügel können so geschickt eingesetzt werden, dass sie zum Schwebe-, Segel- und Schnellflug taugen.
Außerdem werden kleine Trimmtanks in den Flügeln zur Steuerung eingesetzt. Faszinierend ist die hohe Stabilität der Libellenflügel bei gleichzeitig extrem niedrigen Gewicht. Das Verhältnis von Flügelgewicht zu tragender Flügelfläche ist ein Vorbild für Flugzeugingenieure, bisher aber in der menschlichen Luftfahrt unerreicht.
Kleinere Insekten erreichen den Auftrieb dadurch, dass sich durch den Auf- und Abschlag an der vorderen Flügelkante eine Wirbelwalze bildet, die den Flügel nach oben saugt.
Damit lassen sich ebenfalls hervorragende Flugeigenschaften erzielen, wie Schmetterlinge zeigen. Einige von ihnen, zum Beispiel der Monarchfalter, absolvieren im Laufe ihres Lebens mehrere Interkontinentalflüge – Strecken von 4000 Kilometer und mehr.
Abheben mit Muskelkraft
Die Flugmuskulatur von Insekten sind Hochleistungsaggregate. Sie ermöglichen den Tieren bis zu 4000 Kontraktionen pro Sekunde.
Ab etwa 1000 Kontraktionen pro Sekunde kann die Muskulatur aber nur noch indirekt und nicht mehr direkt über Nervensignale angesteuert werden, weil die Ansteuerung zu träge reagiert. Die Flügelmuskeln bilden deshalb eine Art mechanisches Resonanzsystem, das sich selbst hochschaukelt, um richtig auf Touren zu kommen.
Die Steuerung der Flugmuskeln kann primitiv sein, wie zum Beispiel bei der Fliege: Bei ihr dienen Sensoren an den Beinen als Schalter zum Starten oder Abschalten der Flugmuskulatur.
Beim Start springt die Fliege einfach hoch und wirft damit ihren Muskelmotor an, und nach der Landung wird der Antrieb automatisch abgeschaltet. Würde man eine Fliege an ihrem Körper fixieren, ohne dass die Beine Bodenkontakt haben, würde sie die Flügel schlagen bis zur tödlichen Erschöpfung.
Libellen verfügen über einen direkten Antrieb. Jedes Flügelpaar wird mit zwei Muskeln in Gang gesetzt. Die beiden Flügelpaare arbeiten aber nicht synchron, sondern unabhängig voneinander. Das ermöglicht den Insekten ausgefeilte Flugmanöver.
Der Star unter den Fluginsekten aber ist die unscheinbare Schwebfliege. Sie kann unglaubliche Kunststücke vollbringen, zum Beispiel auf dem Rücken fliegen.
Außerdem schafft sie eine Geschwindigkeit von 25 Kilometer pro Stunde und eine Beschleunigung von 15 G (das 15-fache des Körpergewichts). Zum Vergleich: ein gut trainierter Kampfjet-Pilot wird bei etwa 9 G ohnmächtig, ohne Schutzanzug sogar schon wesentlich früher.