Sowohl Männchen als auch Weibchen greifen regelmäßig zu brutalen Mitteln – und zwar nicht nur, um mögliche Rivalen in die Flucht zu schlagen. Auch unter Geschlechtspartnern wird mit harten Bandagen gekämpft. Warum viele Rituale der tierischen Fortpflanzung so grob sind, ist nicht immer klar.
Sex gegen den Willen des Partners
Ein im Tierreich relativ weit verbreiteter Brauch ist der Sex gegen den Willen des Partners. Sowohl bei Delfinen, Schafen, Fledermäusen als auch Stockenten haben Forscher ihn beobachten können.
Häufig attackieren die Männchen die Weibchen dabei in Gruppen, was dramatische Folgen haben kann. Stockentenweibchen werden zum Beispiel oft so hartnäckig von mehreren Erpeln gleichzeitig verfolgt, dass sich der Sex in einen Kampf um Leben und Tod verwandelt.
Jedes Männchen will sich als Erstes mit dem Weibchen paaren. In diesem Fortpflanzungseifer drücken die Männchen das Weibchen häufig unter Wasser. Experten schätzen, dass bis zu zehn Prozent der Stockentenweibchen bei solchen Übergriffen ihrer Geschlechtspartner ertränkt werden.
Offenbar geschieht dies aus Versehen. Denn das brutale Verhalten der Tiere gegenüber ihren Geschlechtspartnern, das stark an Vergewaltigung erinnert, ist nach Ansicht der Wissenschaftler keine Grausamkeit, sondern reine Fortpflanzungsstrategie. Den Männchen geht es schlichtweg darum, die eigenen Gene möglichst erfolgreich weiterzugeben.
Stockenten können sehr brutal sein
Keuschheitsgürtel als Verhütungsmethode
Eine andere Taktik, um den eigenen Nachwuchs zu sichern, ist ebenfalls brutal und erinnert an Methoden aus dem Mittelalter. Damit sich das Weibchen nach dem Sex auf keinen Fall mehr mit einem anderen Männchen paaren kann, legt ihm sein Geschlechtspartner zum Abschied eine Art Keuschheitsgürtel an. In der Regel handelt es sich dabei um harzähnliche Pfropfen. Maulwürfe, Hausmäuse, aber auch einige Insekten- und Spinnenarten verfolgen diese Fortpflanzungsstrategie.
Bei Maulwürfen gibt es einen "Keuschheitsgürtel"
Kannibalismus unter Partnern
Wer glaubt, nur die Männchen seien grausam, der irrt. Bei insgesamt etwa 80 Arten – zum Beispiel Skorpionen, Gottesanbeterinnen und Zuckmücken – haben Forscher festgestellt, dass die Weibchen ihre Männchen vor, während oder nach dem Sex auffressen.
Die häufigsten Übeltäterinnen sind dabei die Spinnen. Die Begattung der Wespenspinne zum Beispiel dauert oft nur wenige Sekunden, denn kaum hat sich das sehr viel kleinere Männchen vorsichtig dem Weibchen genähert und seinen mit Spermien gefüllten Taster in dessen Geschlechtsöffnung einrasten lassen, attackiert es ihn.
Für das Männchen endet dies meist tödlich. Manchmal hat es allerdings auch Glück und das Weibchen entreißt ihm "nur" einige Beine. Selten kann das Männchen unversehrt fliehen.
Warum die Weibchen ihre Geschlechtspartner angreifen, entstellen oder gar fressen, weiß man nicht. Hunger treibt sie offenbar nicht an, denn auch gesättigte Weibchen vergreifen sich an den Männchen, und mehr Eier legen die Weibchen, die sich ihren Partner nach dem Sex einverleibt haben, auch nicht.
Bei Gottesanbeterinnen leben die Männchen gefährlich
(Erstveröffentlichung 2008, letzte Aktualisierung 20.06.2017)
Quelle: SWR