Die Seerechtskonvention der Vereinten Nationen
Die Vereinten Nationen (UN) definieren die Meere als "gemeinsames Erbe der Menschheit". Ein Vertrag regelt seit 1994, was auf, in und unter den Meeren erlaubt und was verboten ist, egal ob es die Schifffahrt oder den Tiefseebergbau betrifft.
Die Seerechtskonvention der Vereinten Nationen ist von den meisten Staaten der Welt unterzeichnet und teilt das Meer in verschiedene Zonen: in die Zwölf-Seemeilen-Zone, die 200-Seemeilen-Zone und die Hohe See.
Die erste Zone, die Zwölf-Seemeilen-Zone, ist das sogenannte Küstenmeer. Dort ist nationales Recht verbindlich. Damit zählt das Küstenmeer zum Staatsgebiet.
An das Küstengewässer grenzt die 200-Seemeilen-Zone. Sie wird auch als "Ausschließliche Wirtschaftszone" bezeichnet. Dort verfügt der Staat, zu dem die betreffende Küste gehört, über das Recht der Nutzung von natürlichen Ressourcen im Meer – über Lebewesen und Bodenschätze. Er darf Fangquoten für die Fischerei festsetzen, Lizenzen für die Suche nach Rohstoffen vergeben und über ihren Abbau entscheiden. Sämtliche Einnahmen aus der Fischerei und dem Rohstoffabbau darf der jeweilige Staat behalten.
Alles außerhalb dieser Grenzen bildet die dritte Zone, die hohe See. Sie gehört völkerrechtlich bisher niemandem.
Verwalter der Hohen See
Um die Gebiete auf hoher See gibt es immer wieder Streit. Ein Beispiel sind die in den 1970er-Jahren entdeckten Manganknollenfelder im Pazifik. Manganknollen sind kartoffelartige Gebilde und enthalten, wie der Name schon sagt, das Schwermetall Mangan.
Aber der Industrie geht es nicht um Mangan, sondern um viel wertvollere Metalle wie Kupfer, Nickel und Kobalt, die ebenfalls in den Knollen enthalten sind. Am Meeresboden entstehen die Knollen aus den Kalkschalen ehemaliger Kleinstlebewesen. Mit rund fünf Millimetern in einer Million Jahren wachsen sie sehr langsam.
Während die Industrie die Gebiete nach ihrer Entdeckung im internationalen Gewässer als rechtsfreien Raum betrachtete, forderten Kritiker eine verbindliche Regelung für den Abbau. Neben Umweltschäden in der Tiefsee kritisierten sie auch den Wettbewerbsvorteil der Industrienationen. Wie sollen Entwicklungsländer einen Tiefseebergbau finanzieren und technisch umsetzen?
Heute muss sich jeder, der im freien Ozean außerhalb der 200-Seemeilen-Zone Tiefseebergbau betreiben will, mit seinem Anliegen an die Internationale Meeresbodenbehörde (International Seabed Authority, kurz ISA) auf Jamaika wenden. Sie verwaltet die Bodenschätze der Tiefsee als "gemeinsames Erbe der Menschheit". Die Behörde prüft und beurteilt alle Vorhaben, die dann entweder genehmigt oder abgelehnt werden.
Deutsches Pachtgebiet im Pazifik
Deutschland pachtet seit 2006 ein Gebiet im pazifischen Manganknollengürtel. Auf dieser Fläche, doppelt so groß wie Bayern, erkunden Geologen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) den zukünftigen Abbau von Manganknollen. Die Lizenz berechtigt ausschließlich zur Erkundung und Forschung, nicht zum Abbau der Knollen.
Neben Deutschland sind auch China, Indien, Japan, Korea, Frankreich, Russland und ein osteuropäisches Konsortium Lizenznehmer. Nach 15 Jahren beanspruchen die UN allerdings 50 Prozent der Gebiete und vergeben diese wiederum an potenzielle Interessenten.
Um Manganknollen also wirklich zu fördern, müsste Deutschland eine Menge Geld investieren und nach der Forschungs- eine Abbaulizenz beantragen.
Russen am Nordpol
Streitereien um Gebietsansprüche bleiben jedoch nicht aus: 2007 hissten die Russen am Meeresboden des Nordpolarmeeres ihre Flagge. Forscher vermuten darunter enorme Mengen Erdöl und Gas. Laut UN ist die Arktis internationales Gebiet und damit "gemeinsames Erbe der Menschheit".
Bei den Vereinten Nationen stellte Russland als einer der ersten Staaten einen Antrag auf Ausdehnung seines Hoheitsgebiets im Nordpolarmeer. Die Seerechtskonvention gestattet nämlich, die Hoheitsrechte der "Ausschließlichen Wirtschaftszone" von 200 Seemeilen auf 350 vor der Küste auszudehnen, wenn sich der Kontinentalschelf weiter ins Meer erstreckt.
Das heißt, der jeweilige Staat – beziehungsweise der Antragsteller – muss nachweisen, dass sein Festland unter Wasser weitergeht. Im weltweiten Durchschnitt beträgt die Verlängerung eines Kontinents unter Wasser übrigens 74 Kilometer.
Der Kampf um die Tiefsee
Zum wem gehört nun aber das Gebirge unter Wasser, das direkt am Nordpol liegt? Kanada, Norwegen, den USA, Russland oder Dänemark?
Der Kampf um den Nordpol ist für die fünf angrenzenden Staaten offen: Die Russen sehen in den Bergen eine direkte Verlängerung ihres Kontinents, die Dänen glauben an eine Fortsetzung von Grönland, und für Kanada ist das Gebirge ein unterseeischer Teil ihrer ganz im Norden gelegenen Ellesmere-Insel.
Diese Streitfälle werden von der Kommission zur Begrenzung des Festlandsockels in New York verhandelt. Sie entscheidet, ob die Küstenstaaten die Grenzen am Meeresboden erweitern dürfen. Dem Antrag der Russen wurde nicht stattgegeben.
Am Ende bleibt noch der Weg zum Internationalen Seegerichtshof. Der Konfliktberater fürs Meer mit Sitz in Hamburg wird tätig, wenn auf See etwas umstritten ist. Bisher wurde dort jedoch noch kein Fall zu Gebietsansprüchen auf hoher See verhandelt.
Die Arktisstaaten suchen inzwischen in gemeinsamen Konferenzen nach friedlichen Lösungen. Aber der Streit um das Gebiet am Nordpolarmeer zeigt, welches Konfliktpotenzial die Bodenschätze tief unter dem Meeresspiegel jenseits nationaler Grenzen haben.
(Erstveröffentlichung 2011. Letzte Aktualisierung 27.05.2019)