Klimawandel

Der Golfstrom im Klimawandel

In Katastrophenfilmen aus Hollywood sorgt der Ausfall des Golfstroms für Horrorszenarien: Blitzartig bricht eine Eiszeit über der Nordhalbkugel aus. Doch welche Wirkung hat der Klimawandel wirklich auf die Warmwasserheizung Nordeuropas?

Von Annika Franck

Der Golfstrom als Klimamotor für Europa

Dass das Klima in Nordeuropa so vergleichsweise mild ist, verdanken wir dem Golfstrom. Dahinter verbirgt sich ein Strömungssystem, das aus der Karibik kommt und dessen Wirkung bis an die Küste Norwegens reicht. Einerseits sinken in den nördlichen Breiten der Labrador- und der Grönlandsee sehr kalte Wassermassen herab und strömen in 2000 bis 3000 Metern Tiefe Richtung Süden. Gleichzeitig fließt oberflächennah warmes tropisches Wasser quer über den Atlantik in Richtung Europa.

Dieses Strömungssystem, das wie eine gigantische Umwälzpumpe funktioniert, ist der sogenannte Golfstrom. Er sorgt dafür, dass in Mittel- und Nordeuropa vor allem im Winter relativ milde Temperaturen herrschen – im Vergleich zur anderen Seite des Atlantiks, beispielsweise in Kanada.

Golfstrom – Wärme für Europa Planet Wissen 28.11.2019 02:30 Min. Verfügbar bis 28.11.2024 WDR

Süßwasser hemmt die Wärmepumpe

Im Zuge des Klimawandels schwächt sich auch der Golfstrom ab, wie Wissenschaftler beobachtet haben. Denn steigt die globale Temperatur, wird auch das Wasser wärmer. Dadurch wird das Wasser leichter, der Antrieb im Strömungssystem verringert sich, und eine geringere Menge warmen Wassers gelangt nach Nordeuropa.

Einfluss auf den Golfstrom hat auch das Abschmelzen der Pole und des Grönlandeises. Dies sorgt dafür, dass der Salzgehalt des Meerwassers abnimmt. Wieder wird das Wasser leichter und die Golfstrom-Dynamik weiter abgeschwächt.

Auch über die sibirischen Flüsse Ob, Lena und Jenissei gelangt mit Auftauen der Permafrostböden (Dauerfrostböden) mehr Süßwasser in die nördlichen Meere, was aber im Vergleich zur Eisschmelze nur einen geringen Einfluss hat.

Mehr Süßwasser aus sibirischen Flüssen | Bildquelle: dpa

Der Einfluss wurde oft überschätzt

Insgesamt sind Forscher wie der Kieler Meeresbiologe Mojib Latif zu dem Ergebnis gekommen, dass "der Einfluss des Golfstroms häufig überschätzt" wird. Ließe man in Klimamodellen den Golfstrom komplett zusammenbrechen, ergäbe sich für Deutschland eine Temperaturveränderung – und zwar in diesem Fall eine Abkühlung – von ein bis zwei Grad im Jahresmittel.

Selbst wenn der Golfstrom sich bis zum Ende dieses Jahrhunderts abschwächen sollte, "zeigen alle Modelle, dass die globale Erwärmung auf jeden Fall diesen Abkühlungseffekt mehr als wettmachen würde", so Latif. "Dann hätten wir in Deutschland immer noch eine massive Erwärmung."

Der Golfstrom Planet Wissen 30.03.2023 01:40 Min. UT Verfügbar bis 22.02.2027 WDR Von Felicitas Graßl, Sebastian Reeh

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(Erstveröffentlichung: 2009. Letzte Aktualisierung: 04.05.2020)