Pferde als Kriegswaffe
Planet Wissen. 00:59 Min.. Verfügbar bis 22.07.2029. WDR. Von ZDF/Terra X/ E. Rauert; N. Bergenthal, Oliver Roetz, renderbaron, WENDEVARGA, Jochen Schmidt, https://terraxplaincommons.zdf.de.
Haustiere
Pferde
Vor 60 Millionen Jahren sah das Pferd noch aus wie ein Hund heute. Dann wurde es in der Steppe heimisch – und vor etwa 6000 Jahren zu einem unserer wichtigsten Haustiere. Heute sind Pferde wissenschaftlich gut erforscht.
Von Christine Buth
Vom Wald- zum Steppenbewohner
Eine Stärke des Pferdes ist seine Anpassungsfähigkeit. Die half schon seinen frühen Vorfahren. Über die Landbrücken, die vor der Eiszeit existierten, wanderte das Pferd nach Europa und Asien ein und eroberte auf fünf Kontinenten unterschiedliche Lebensräume.
Nur in seiner Urheimat Nordamerika starb das Pferd vor etwa 10.000 Jahren aus – warum, ist nicht geklärt. Die heute dort lebenden Mustangs sind verwilderte Nachfahren der Pferde, die spanische Eroberer mitbrachten.
Weil es auf der Erde wärmer wurde, zogen die Vorfahren unseres Pferdes aus den Wäldern in die Steppe und veränderten dabei ihr Aussehen. Für Waldbewohner ist es nützlich, klein zu sein, damit sie sich besser verstecken können. In der Steppe hingegen ist Körpergröße von Vorteil: Sie verschafft den besseren Überblick.
Außerdem begannen die Pferdeahnen in Herden zu leben. So konnten einige Wache halten, andere schlafen, fressen oder sich um den Nachwuchs kümmern. Das ausgeprägte Sozialverhalten sicherte den frühen Vorfahren der Pferde einen Evolutionsvorteil.
Höhlenmalereien in Lascaux
Vom Beute- zum Reittier
Für den Menschen war das Pferd zuerst Jagdbeute. Das belegen zum Beispiel die mehr als 15.000 Jahre alten Höhlenmalereien in Lascaux in der französischen Dordogne, die einen Jagdzauber mit Pferden zeigen.
Wann der Mensch begann, Pferde zu zähmen, weiß die Wissenschaft nicht genau. Lange vermutete man, es sei vor etwa 4000 Jahren gewesen. Aber 2009 fanden Archäologen heraus, dass die Menschen der Botai-Kultur im heutigen Kasachstan schon vor 5500 Jahren auf Pferden durch die Steppe ritten.
Knochenfunde dieser frühen Reitpferde zeigen auch, dass die Botai schon Pferde züchteten – denn die Reitpferde unterschieden sich in ihrem Körperbau bereits von den Wildformen.
Vielleicht wurde das Pferd also in Asien zum Haustier, vielleicht aber auch in Nordindien oder Nordeuropa – oder in mehreren Teilen der Welt zu unterschiedlichen Zeiten. Sicher ist: Das Pferd als Reittier und Fahrtier eröffnete dem Menschen ganz neue Möglichkeiten. Es erweiterte seine Welt enorm.
Auf einem Pferd war der Mensch mindestens doppelt so schnell wie zu Fuß. Er konnte weitere Strecken zurücklegen und neue Gebiete erschließen. Außerdem brachte die größere Bewegungsfreiheit den Menschen mit vielen Unbekannten in Kontakt. Das kurbelte nicht nur den Handel an, sondern auch die Entwicklung der Sprache.
Przewalski-Pferde – so ähnlich sahen die Urpferde aus
Streithengste und Schlachtrösser
Dass der Mensch zu Pferd weitere Gebiete erschließen konnte, bedeutete allerdings auch, dass es häufiger zu Grenzkonflikten kam. Und so spielte das Pferd bald auch in der Kriegsführung eine große Rolle.
Schon um 600 nach Christus züchteten die Beduinen Araberpferde, besonders schnelle und ausdauernde Tiere. Bei den Nomaden hatten sie engen Familienanschluss und sollten ihren Herren treu ergeben sein.
Im Mittelalter mussten Kriegspferde vor allem groß und stark sein, um ihre Reiter, die Ritter und deren Rüstungen, zu tragen. Als das Schießpulver entwickelt wurde, wurden die Pferde wieder eleganter und schneller.
Ritter brauchten starke Pferde
Im Ersten Weltkrieg kamen Millionen von Pferden zum Einsatz und auch im Zweiten Weltkrieg gab es noch fast drei Millionen Wehrmachtspferde. Die meisten zogen Kanonen oder Versorgungswagen – und nur wenige überlebten den Krieg. Im Schnitt starben pro Tag etwa 865 Pferde im Zweiten Weltkrieg.
Auch heute gibt es noch Kavalleriepferde, sie machen aber einen deutlich ungefährlicheren Job: Sie werden vor allem für Paraden benötigt.
Einsatz in der Landwirtschaft und der Freizeit
Nicht nur zum Reiten, sondern auch als Zugtiere waren Pferde viele Jahrtausende lang in der Landwirtschaft unersetzbar. Vor die Kutschen spannte man meist mehrere Pferde, aber um ihre schweren Pflüge zu ziehen, brauchten die Bauern echte Kraftpakete: Kaltblüter, riesige Pferde mit einer enormen Zugleistung.
Manche Kaltblutrassen wie das Shire Horse wiegen mehr als eine Tonne und können das Zweifache ihres Gewichtes ziehen. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts hing die Wirtschaft auf der gesamten Welt völlig von der Nutzung der Pferdestärke ab.
Aus Gründen der Nachhaltigkeit arbeiten wieder mehr Pferde auf Feldern
Dann übernahmen Maschinen die Arbeit der Pferde. Eine Zeitlang sah es so aus, als könnte das Auto das Pferd verdrängen. In den 1950er-Jahren gab es in Deutschland nur noch etwa 30.000 Pferde. Aber das Pferd entwickelte sich schnell vom Arbeitstier zum Sport- und Erholungspartner. Die "Deutsche Reiterliche Vereinigung" schätzt, dass es heute wieder mehr als eine Million Pferde und Ponys in Deutschland gibt.
(Erstveröffentlichung 2009. Letzte Aktualisierung 11.03.2021)
Quelle: WDR