Die ersten Rollen in Athen
Marias Lehrerin ist die berühmte Koloratursopranistin Elvira de Hidalgo, die ihrer neuen Schülerin gegenüber anfänglich sehr skeptisch ist. Aber Maria singt, zwar noch unkontrolliert, aber voller Dramatik. Und sie erweist sich als ausgesprochen fleißig und ernsthaft.
Folgerichtig erhält sie schon ein Jahr später ihre ersten Rollen an der Athener Oper.
Es folgen knapp zehn Jahre intensiven Rollenstudiums und gewissenhafter Ausbildung, bis Maria 1947 in Italien an der Arena di Verona engagiert wird. Der musikalische Leiter der Aufführung Tullio Serafin, Operndirigent von Rang und versierter Förderer junger Stimmen, wird auf ihr außergewöhnliches Talent aufmerksam, während sie in der Vorstellung selbst noch nicht beeindrucken kann.
In Verona heiratet sie auch den wesentlich älteren Industriellen Gian Battista Meneghini. In den folgenden Jahren wird ihre Stimme immer besser, werden ihre Auftritte immer dramatischer und packender, bis sie sich bei den Florentiner Mai-Festspielen und im Dezember 1951 an der Mailänder Scala endgültig durchsetzen kann.
Jetzt reißen sich die großen Bühnen der Welt förmlich um sie. Sie ist ein Star geworden: "La Divina" ("die Göttliche").
Callas und ihr Mann Battista Meneghini
Die Diva
Die 1950er-Jahre sind das Jahrzehnt der Callas. An der Scala ist sie jetzt die Hauptattraktion. Sie nimmt eine Reihe von Schallplatten auf und singt überall auf der Welt: Die tragischen Heldinnen Verdis, die Priesterin "Norma" und Puccinis "Tosca" werden zu ihren Markenzeichen.
Und sie schafft es, ein Repertoire wiederzubeleben, das fast in Vergessenheit geraten war. Den Opern von Donizetti, Bellini und Rossini kann sie dank ihrer enorm beweglichen agilen Stimme und ihrer dramatischen Ausdruckskraft wieder Leben einhauchen.
1957 lernt sie den griechischen Reeder Aristoteles Onassis kennen – ein Skandal, heißt es damals, denn beide sind noch verheiratet und zeigen sich trotzdem ungeniert in aller Öffentlichkeit. Ab jetzt beherrscht sie eher die Klatschspalten, als die Feuilletons.
Ihre große Liebe: Aristoteles Onassis
Das Opfer der Presse
Hysterisch, egozentrisch, unberechenbar: Das ist in etwa das Bild, das in der Presse von Maria Callas gezeichnet wurde. So wurde sie zu einer Diva stilisiert, einer, die man auch hassen durfte. Es gab einen Schnappschuss, der sie mit gefletschten Zähnen zeigte, eigentlich erregt über ein exorbitante Forderung ihres ehemaligen Managers.
Aber das Bild ging um die Welt und formte die öffentliche Meinung: Das war keine normale Frau, sondern eine gefährliche Tigerin.
Vielleicht, so nimmt man heute an, war es ja die enorme Stärke, die sie auf der Bühne wie im Leben gezeigt hatte, die ihr hier, ins Negative verkehrt, entgegen schlug. Starke Frauen entsprachen damals sicherlich nicht dem Ideal.
Zum zweiten großen Skandal weitete sich eine abgesagte Vorstellung 1958 in Rom aus. Sie sollte vor glanzvollem Publikum die Saison eröffnen. Alles war angereist, was Rang und Namen hatte, einschließlich des italienischen Staatspräsidenten.
Maria Callas aber war erkältet, wollte eigentlich ganz absagen, mochte aber auch das Publikum nicht enttäuschen. Mitten in der Vorführung musste sie dann doch abbrechen. In der Presse wurde sie dafür diffamiert: Das sei typisch für diese Diva, hieß es damals.
Auch als Jahre später ihre Liaison mit Onassis zerbrach, weidete sich die Öffentlichkeit noch an ihrem Schicksal, obwohl sie sich lange von der Bühne zurückgezogen hatte. Am 16. September 1977 starb Maria Callas im Alter von nur 53 Jahren in Paris an einem Herzinfarkt.
Am Ende zeigte sie sich nur selten in der Öffentlichkeit
Ihr künstlerisches Vermächtnis
Die Skandale sind zwar nicht in Vergessenheit geraten, aber sie spielen heute keine Rolle mehr. Wer die Callas heute kennen lernen will, begegnet ihr nur noch auf CD – nicht als Diva, sondern als Künstlerin. So lässt sich nachhören, wie sie die Tiefenschichten eines Charakters allein mit den Mitteln des Gesangs freilegen konnte.
Sie verfügte über eine enorme Palette von Klangfarben und Schattierungen, die sie immer mit der größten Sicherheit einzusetzen wusste. Allein schon dadurch konnte sie ihren Figuren immer ein Höchstmaß an Glaubwürdigkeit verleihen: Bei ihr klingen auch die wildesten Ausbrüche nicht gestelzt oder übertrieben, sondern immer dramatisch und plausibel.
Außerdem war sie eine Virtuosin ersten Ranges. Auch schnelle und reich verzierte Passagen sang sie mit vollkommener Sicherheit. Und: Sie klingen bei ihr nicht nach schmückendem Beiwerk.
Maria Callas arbeitete unermüdlich an ihren Partien und feilte lange an den Details. Sie hielt das für selbstverständlich für ihre Aufgabe als Künstlerin. Aber sie war deshalb auch nur selten ganz mit sich zufrieden. Vielleicht machte auch das den Umgang mit ihr so schwierig und brachte ihr letztlich den schlechten Ruf einer Diva im negativen Sinn ein.
Callas als Medea
(Erstveröffentlichung: 2003. Letzte Aktualisierung: 07.06.2018)
Quelle: WDR