Norwegen hat den größten Staatsfonds
Ausgerechnet das kleine Norwegen führt die Rangliste der Staatsfonds an. Im September 2017 knackte der 1998 gegründete "Norges Invest" erstmals die 1000-Milliarden-Dollar-Grenze. 2019 bescherte dem größten Staatsfond der Welt einen Rekordgewinn: einen Vermögenszuwachs von 180 Milliarden Dollar. Somit betrug die Rendite für „Norges Invest“ 19,9 Prozent. Inzwischen ist das Vermögen des Staatsfonds auf 1.100-Milliarden-Dollar – das sind rund 882 Milliarden Euro – angewachsen.
Der norwegische Staatsfonds gehört damit zu den großen Playern der Finanzwelt. Während er zu Beginn sein Geld noch stark in Staatsanleihen investierte, liegt es heute zu gut zwei Dritteln in ausländischen Aktien.
Mehr als 9000 Unternehmen aus 77 Ländern versammelte der Fonds 2016 in seinem Portfolio. Bei den Weltkonzernen Tesco, BASF, Hilton, Nestlé, L’Oréal und Vodafone ist Norges Invest sogar unter den drei größten Einzelaktionären. Im Dax ist er nach dem Vermögensverwalter Blackrock zweitgrößter Investor. Und selbst an Borussia Dortmund hält er Anteile.
Bei "Norges Invest" gelten auch ethische Kriterien
Gespeist wird der Fonds aus den Einnahmen des staatlich kontrollieren Öl- und Gasgeschäfts, auf denen der norwegischen Wohlfahrtsstaat beruht. Wenn die Öl- und Gasvorkommen erschöpft sind, soll das Fondsvermögen diese Einnahmen ersetzen.
Dennoch steht bei Norges Invest die Rendite nicht vorbehaltlos an erster Stelle. Investments in Rüstungs- und Tabakkonzerne hat der Finanzausschuss des norwegischen Parlaments verboten, der den Fonds kontrolliert.
Klimaschützer loben den Staatsfonds, der sich als aktiver Investor sieht, außerdem für eine wichtige Entscheidung: Investiert wird nicht in Unternehmen, die mehr als ein Drittel ihres Geldes mit klimaschädlicher Kohle machen.
Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Unternehmensführung. Beim korrupten brasilianischen Ölkonzern Petrobas stieg der Fonds aus. Der VW-Vorstand musste sich sagen lassen, dass er problematisch sei, weshalb ihn der Staatsfonds auf den zwei Hauptversammlungen in den vergangenen Jahren nicht entlastete.
Die Kritik an Staatsfonds wächst
All das macht den norwegischen Staatsfonds sympathisch. Aber es gibt auch Kritik. Weil Staatsanleihen nur noch wenig Zinsen bringen, ist der Anteil der risikoreicheren Investments gestiegen. Insgesamt erhöht sich das Risiko, weil auch andere Staatsfonds diesen Weg einschlagen.
Bedenken gibt es zudem bei der Frage, inwieweit Regierungen die Macht ihrer Fondsmilliarden für politische Zwecke nutzen. So gehören die nach "Norges Invest" neun nächstgrößeren Staatsfonds den Golfstaaten, China und Singapur. Singapur ist als Steueroase bekannt, die Golfstaaten und China verletzen die Menschenrechte.
Sicher ist: Auch sie wollen expandieren. Die Ölstaaten brauchen Geld, um ihre Wirtschaft umzubauen und unabhängiger vom Öl zu werden. Der Hongkonger Staatsfonds will sich ein finanzielles Polster zulegen, um die Renten- und Pensionsansprüche der alternden Bevölkerung erfüllen zu können.
Und China muss mit seinen Devisenüberschüssen irgendwo hin. Der saudische Staatsfonds "SAMA Foreign Holdings" kündigte bereits an, demnächst ebenfalls die 1000-Milliarden-Dollar-Grenze zu überschreiten.
Auch der chinesische Staatsfonds "China Investment Corporation" peilt die magische Marke an. Er machte mit Investments in den englischen Flughafen Heathrow und den Wasserversorger "Thames Water" von sich reden.
In Deutschland sorgte der katarische Staatsfonds "Qatar Investment Authority" für Schlagzeilen, als er zum größten Einzelaktionär der Deutschen Bank wurde.
Auch Pensionskassen sind Finanzgiganten
Ähnlich groß wie Staatsfonds sind auch viele Pensionskassen. Hier führt der US-amerikanische "Social Security Trust Funds" die Top 10 an, gefolgt von dem japanischen "Government Pension Investment Fund" und dem südkoreanischen "National Pension Service".
Die größte europäische Pensionskasse – der niederländische "Stichting Pensioenenfonds ABP" – belegt mit einem verwalteten Vermögen von 419 Milliarden US-Dollar Platz 5. Auf Platz 9 sind die Niederlande noch ein weiteres Mal vertreten, Platz 8 belegt Kanada. China steht mit einem Anlagevermögen von 247 Milliarden US-Dollar auf dem siebten Platz.
Die Risikobereitschaft steigt
So unterschiedlich die Länder sind, aus denen die Fonds stammen, sie alle stehen vor demselben Problem: Weil ihre klassischen Anlageinstrument – die Staatsanleihen – nur noch wenig Zinsen bringen, gleichzeitig aber die Bevölkerungen altern, müssen sie ihre Strategie neu ausrichten.
Der Weg ist derselbe wie bei den Staatsfonds: mehr Aktien und ein höherer Anteil risikoreicher Investments. Das bedeutet, dass auch Rentner und Pensionäre zum viel kritisierten, entfesselten Finanzmarkt beitragen.
Weil viele Pensionsfonds zudem einen Teil ihres Vermögens in die Hände großer Vermögensverwalter wie der US-Firma Blackrock legen, sorgen sie zudem mit dafür, dass sich das Kapital an immer weniger Stellen konzentriert.
Allerdings gibt es auch einen positiven Trend: Wie der norwegische Staatsfonds berücksichtigen auch immer mehr Pensionsfonds bei ihren Anlagen ethische und ökologische Kriterien.
So investiert der niederländische ABP-Fonds ganz bewusst in Nachhaltigkeitsprojekte. Außerdem will er bis 2020 ein Viertel aller Unternehmensaktien abstoßen, die mit einem CO2-Ausstoß verbunden sind. Der mächtige kalifornische Pensionsfonds CalPERS trennt sich zudem von allen Unternehmen, die Kohleminen betreiben.