Der Tag-Nacht-Rhythmus
Die Zirbeldrüse reguliert über diese Melatoninausschüttung den Tag-Nacht-Rhythmus des Körpers. Fällt tagsüber Licht über die Netzhaut ins Auge, wird die Ausschüttung des Hormons in das Blut gestoppt: Wir werden munter und wach.
Abends, bei fehlender Lichteinstrahlung, wird wieder Melatonin aus den Speichern ins Blut abgegeben und kann hier seine schlaffördernde Wirkung im ganzen Körper entfalten: Wir werden müde.
Auf Grund der unterschiedlichen Lichtverhältnisse während der Jahreszeiten ergibt sich auch ein jährlicher Rhythmus: Im Winter wird Melatonin über einen längeren Zeitraum produziert und ins Blut abgegeben als im Sommer.
Ein Hormon mit vielen Aufgaben
Das Hormon Melatonin kommt in allen Lebensformen auf der Erde vor. Es findet sich beim Menschen, bei Tieren, Pflanzen und sogar bei einzelligen und entwicklungsgeschichtlich sehr alten Algen.
Melatonin wird als "Polizist aller Polizisten" betrachtet. Es reguliert die Ausschüttung anderer wichtiger Körperhormone und steuert viele lebenswichtige Körperfunktionen. Da das Hormon auch für die Steuerung des Schlaf-Wach-Rhythmus verantwortlich ist, wird es auch gezielt zur Schlafförderung eingesetzt.
Anfang der 1990er-Jahre schwappte die in den USA aufgetretene Welle der Melatonin-Begeisterung auch auf Europa über. Einige findige Wissenschaftler brachten es als Medikament auf den Markt. Sie priesen es an als Wundermittel gegen Alterungsprozesse, Krebs, sexuelle Unlust – kurz gesagt: als neuzeitlichen Jungbrunnen.
Melatonin als Schlafmittel
Der kritischen Betrachtung standgehalten hat lediglich die Wirkung des Melatonins bei Einschlafstörungen, zum Beispiel durch Schlafstörungen nach der Zeitverschiebung durch lange Flüge (Jetlag) oder bei Schichtarbeit.
Bei nervösen oder stressbedingten Einschlafstörungen kann es ebenfalls gute Erfolge erzielen, wobei die Wirksamkeit individuell unterschiedlich ist.
Seit 2008 ist Melatonin als Wirkstoff in Arzneimitteln auch in Deutschland zugelassen – allerdings nur zur kurzfristigen Behandlung von Schlafstörungen bei Patienten über 55 Jahren. Es darf auch nur dann verschrieben werden, wenn nicht erkennbar ist, warum die Schlafstörungen auftreten.
2019 wurde ein zweites Präparat zugelassen, dass nur bei Schlaflosigkeit von Kindern und Jugendlichen mit Autismus-Spektrum-Störung oder Smith-Magenis-Syndrom verschrieben werden darf.
(Erstveröffentlichung: 2002. Letzte Aktualisierung: 24.06.2020)