Die Geschichte des Impfens
Planet Wissen. 02:17 Min.. Verfügbar bis 09.07.2029. WDR. Von 3sat/nano/Raketenfilm/Andreas Gust/Konstantin Fuchs, https://terraxplaincommons.zdf.de.
Krankheiten
Impfungen – Schutz gegen Krankheiten
Impfungen gehören zu den wichtigsten Waffen der modernen Medizin. Der kleine Stich in den Oberarm bewahrt uns vor ansteckenden, oft gefährlichen und mitunter tödlichen Krankheiten wie Masern, Mumps, Röteln oder der Grippe.
Von Claudia Füßler
Wir werden immun gegen den Erreger
Impfungen schützen nicht nur den einzelnen, sie verhindern auch, dass Infektionskrankheiten sich regional oder sogar global ausbreiten können.
"Impfungen sollten so selbstverständlich sein wie die Wunddesinfektion oder steriles Operationsbesteck", sagt deshalb Philipp Henneke, Kinder-Infektiologe am Universitätsklinikum Freiburg. "Impfstoffe gehören zu den am besten untersuchten und kontrollierten medizinischen Substanzen."
Wie genau funktioniert so eine Impfung? In unserem Blut befinden sich Millionen von Antikörpern. Sie sind quasi die Wächter im Kampf gegen Krankheiten. Infizieren wir uns mit einem Erreger, erkennen die Antikörper ihn und heften sich dran. So markieren sie den Erreger für unsere Abwehrzellen. Diese sehen: Aha, ein Eindringling, und fressen die Erreger.
Ein Impfstoff kann Leben retten
Es passen nur spezielle Antikörper auf bestimmte Erreger. Sind wir krank, produziert unser Körper so lange genau diese passenden Antikörper, bis alle Erreger markiert und gefressen worden sind. Dann werden diese Antikörper erst einmal nicht mehr gebraucht und daher stillgelegt.
Sollten wir uns noch ein weiteres Mal mit dem gleichen Erreger infizieren, werden diese schlummernden Zellen aktiviert. Der Körper bekämpft die Krankheit beim zweiten Mal also viel schneller als nach der ersten Infektion.
Da sich das Immunsystem auf diese Weise erinnern kann, müssen wir viele Kinderkrankheiten nur einmal erleiden – dann hat der Körper gelernt, welche Antikörper hilfreich sind, und wir sind immun gegen den Erreger.
Tote oder lebende Krankheitserreger
Eine Impfung ist – vereinfacht gesagt – ein Training für unser Immunsystem. Es kann sich so auf künftige Gegner vorbereiten. Dafür werden abgeschwächte Erreger genutzt. Der Körper kann also sein Antikörper-Gedächtnis aufbauen, ohne dass die Krankheit ausbricht.
Dass das Immunsystem nach einer Impfung auf Hochtouren arbeitet, merken manche Menschen trotzdem an den ersten Tagen nach dem Piks: Sie bekommen leichtes Fieber und fühlen sich erschöpft.
Dennoch: Impfungen gehören zu den am besten verträglichen Medikamenten. "Unerwünschte Nebenwirkungen sind extrem selten und müssen sofort gemeldet werden", sagt Professor Philipp Henneke.
Gut verträglich: der Pieks in den Oberarm
Die Ärzte impfen entweder mit Lebend- oder Totimpfstoff. Von Lebendimpfstoff sprechen die Mediziner, wenn sie lebende, vermehrungsfähige Erreger verwenden, die allerdings durch Zucht oder Bestrahlung geschwächt worden sind. Das ist zum Beispiel bei den Impfungen gegen Mumps, Windpocken, Masern, Röteln oder Rotaviren der Fall.
Abgetötete Erreger werden als Totimpfstoff bezeichnet. Damit wird beispielsweise gegen Tetanus, Keuchhusten oder Hepatitis B geimpft.
In Deutschland gibt es keine generelle Impfpflicht. Ob eine Impfung gewünscht ist, entscheidet in der Regel jeder Erwachsene für sich selbst und seine Kinder. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung empfiehlt, sich dazu vom Haus- oder Kinderarzt beraten zu lassen.
Für die Masern existiert hingegen seit 2020 eine Impfpflicht für Schul- und Kindergartenkinder sowie für Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen oder medizinischen Einrichtungen tätig sind.
Orientierung bietet die sogenannte Ständige Impfkommission (Stiko). Sie entwickelt Impfempfehlungen für Deutschland und berücksichtigt nicht bloß deren Nutzen für den Einzelnen, sondern auch für die gesamte Bevölkerung. Dafür wertet sie kontinuierlich Daten zu Impfstoffen und Erkrankungen aus, die mit einer Impfung verhindert werden können.
Schluckimpfung gegen Kinderlähmung
Masern weltweit ausrotten
Die Stiko empfiehlt folgende Impfungen für einen Grundschutz:
- Diphtherie, Pertussis/Keuchhusten
- Tetanus/Wundstarrkrampf
- Haemophilus influenzae Typ b
- Hepatitis B, humane Papillomaviren (nur für Mädchen)
- Poliomyelitis/Kinderlähmung
- Masern
- Mumps
- Röteln
- Pneumokokken
- Meningokokken
- Rotaviren
- Varizellen/Windpocken
- Influenza
Durch konsequentes Impfen ist es beispielsweise gelungen, die hoch ansteckenden und gefährlichen Masern einzudämmen. In den 1980er-Jahren gab es europaweit mehr als 850.000 gemeldete Masernfälle pro Jahr, 2019 waren es nur noch rund 13.000 Fälle.
Zu welchem Zeitpunkt welche Impfung sinnvoll ist, steht im Impfkalender der Ständigen Impfkommission.
Das erklärte und durchaus realistische Ziel der Gesundheitspolitiker weltweit ist es, die Masern ebenso wie den Erreger der Kinderlähmung auszurotten. Um das zu schaffen, muss die Impfquote hoch sein, das heißt, so viele Menschen wie möglich müssen sich impfen lassen. Nur so kann der Erreger zunächst regional und dann weltweit eliminiert werden.
Masern lassen sich durch eine Impfung vermeiden
Sich selbst und dadurch andere schützen
Während die Kinderlähmung europaweit bereits ausgerottet ist, kämpfen die Mediziner nach wie vor gegen das Masernvirus an. Trotz einer hervorragenden medizinischen Infrastruktur gelingt es bisher nicht, die Masern auszurotten.
Der Grund: Zu viele Eltern verweigern eine Masernimpfung. "Diese Eltern setzen ihr Kind einem nicht kalkulierbaren Risiko aus. Im schlimmsten Fall erleiden Kinder durch eine Maserninfektion schwere Hirnschäden", sagt Philipp Henneke.
Genau aus diesem Grund ist seit März 2020 das Masernschutzgesetz in Kraft, das eine Masern-Impfpflicht durchsetzt für Kinder, die Gemeinschaftseinrichtungen besuchen.
Experten gehen davon aus, dass sich die Masern nicht ausbreiten können, wenn mehr als 95 Prozent der Bürger dagegen geimpft sind. Da das in Deutschland nicht der Fall ist, kommt es immer wieder zu Masernausbrüchen.
Gerade bei einer so leicht übertragbaren Erkrankung wie den Masern hat eine der Grundideen des Impfschutzes daher höchste Berechtigung: Ich schütze andere, indem ich mich schütze.
Für Reisende oder Menschen, die in einer bestimmten Region leben, können Impfungen über den empfohlenen Grundschutz hinaus sinnvoll sein. So sollten sich Bewohner waldreicher Gegenden in Deutschland etwa gegen die Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) impfen lassen. Das ist eine Erkrankung, die Zecken übertragen.
Abhängig vom Reiseziel brauchen Urlauber unter anderem Schutz vor Typhus, Gelbfieber, Cholera, Hepatitis A, Tollwut oder der japanischen Enzephalitis, eine Form der Hirnentzündung. Mehr über Reiseimpfungen erfahren Sie hier.
(Erstveröffentlichung 2013. Letzte Aktualisierung 31.03.2020)
Quelle: WDR