Vom Mittelalter zur Bauernbefreiung
Die Abhängigkeit vom Wetter und der Fruchtbarkeit der Böden erschwerte den Anbau. Schneefall im Frühling oder Dauerregen während der Erntezeit konnten die Bauern einer gesamten Region an den Rand der Existenz bringen.
Seit dem frühen Mittelalter waren es Mönche und Bauern im Umfeld von Klöstern, die dem Wald neuen Ackerboden abrangen, Sumpfgebiete trocken legten oder Ödland in Heideland verwandelten.
Der Wald wurde um die Hälfte auf seinen heutigen Bestand gerodet. Auf dem urbar gemachten Boden entstanden neue bäuerliche Siedlungen, die unter dem Schutz eines Grundherren, eines Grafen oder eines Klosters standen.
Mitunter entwickelten sich bäuerliche Flurgemeinschaften, die ihre Felder entsprechend der Dreifelderwirtschaft im jährlichen Wechsel mit Sommer- oder Winterfrucht bestellten, als Weideland für ihre Tiere nutzten und im dritten Jahr zur Regeneration des Bodens brachliegen ließen.
Die adeligen Gutsherren beteiligten sich selbst nicht an der Ausweitung des Ackerlandes, sondern forderten Frondienste und Abgaben für Rodefreiheiten beziehungsweise Pachtverhältnisse.
Harte Arbeit, um einem kargen Boden das tägliche Brot abzuringen, die Launen der Natur und die feudale Lehensuntertänigkeit, die die Grundherren seit dem Spätmittelalter noch verschärften, bestimmten Jahrhunderte lang das Leben der meisten Bauern.
Zwei Ereignisse bewirkten in Deutschland eine agrarische Revolution: die Bauernbefreiung von 1807 in Preußen, die die bäuerliche Leibeigenschaft aufhob und in Pachtverträge umwandelte, sowie die Erfindung des Mineraldüngers durch Justus von Liebig in den 1840er-Jahren.
Der Chemiker hatte entdeckt, dass durch das Düngen fehlende Pflanzennährstoffe im Boden ersetzt werden können. Durch den Einsatz von organischem Dünger wie Jauche und Mist oder durch mineralischen Dünger wie beispielsweise Stickstoff konnten die Bauern ihre Felder nun jedes Jahr bestellen und die Ernte-Erträge deutlich erhöhen.
Landwirtschaft um 1900
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Deutschland nach wie vor ein agrarisch geprägter Staat. Die Bauern machten etwa 60 Prozent der Bevölkerung aus. Mehr als die Hälfte von ihnen wirtschaftete auf einem Parzellenbetrieb, der nicht größer als zwei Hektar war.
Die Klein- und Mittelbauern besaßen Betriebe mit einer Größe zwischen zwei und 20 Hektar. Zu den Großgrundbesitzern zählten lediglich fünf Prozent aller Höfe.
Geografisch wies die landwirtschaftliche Produktionsweise, die als Folge einer generationenübergreifenden Erbteilung entstanden war, zwischen Nord und Süd sowie West und Ost große Unterschiede auf.
In Baden, Württemberg und Hessen wurde die Realteilung praktiziert: Jedes männliche Kind erbte einen Teil, was zu einer Zersplitterung der Anbauflächen führte.
In Hannover, Westfalen und Schleswig-Holstein dagegen galt das Prinzip der ungeteilten Hoffolge, das heißt: Es gab nur einen Erben, der dann den gesamten Grundbesitz zugesprochen bekam.
In Ostpreußen, Pommern, Posen und Schlesien existierten große Gutsherrschaften, deren Besitzer oftmals einen Adelstitel führten.
Entwicklung in Ost und West nach 1945
Nach dem Zweiten Weltkrieg stand in Westdeutschland agrarpolitisch die Flurbereinigung im Vordergrund. Hauptziel war es, die Nahrungsmittelknappheit endgültig zu überwinden, die nur wenige Jahre zuvor noch allgegenwärtig gewesen war.
Dem Osten Deutschlands standen nach dem Zweiten Weltkrieg große agrarische Umwälzungen bevor. Die kommunistische Partei hatte in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) eine tiefgreifende Bodenreform unter der Losung "Junkerland in Bauernhand" beschlossen.
Ab 1945 wurden Wald und Ackerland rigoros umverteilt. Die politische Klasse enteignete Großbauern und Großgrundbesitzer, die mehr als 100 Hektar Land besaßen, und zwar entschädigungslos. Rund 3,3 Millionen Hektar agrarischer Nutzfläche gingen in den Besitz von Landarbeitern, Kleinbauern und Flüchtlingen über.
Mitte der 1950er-Jahre erlebte die ostdeutsche Landwirtschaft eine zweite grundlegende Umwälzung: die Kollektivierung. Die Neubauern mussten ihren Besitz in sogenannte "Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften" (LPGs) einbringen. Politisches Ziel war es, den "Sozialismus auf dem Lande" einzuführen, der die ländliche Gesellschaft von Grund auf erneuern sollte.
Die Kollektivierung der Landwirtschaft führte zu einer Einteilung der Betriebe in Tier- und Pflanzenproduktionen sowie zur Spezialisierung und Schaffung neuer landwirtschaftlicher Berufe wie zum Beispiel den des Melkers.
Nach der Wende wurden viele LPGs in GmbHs oder genossenschaftliche Betriebe umgewandelt, so dass bis heute spezialisierte Großbetriebe die Landwirtschaft im Osten dominieren.
Landwirtschaft heute
Heute leben noch rund zwei Prozent der Deutschen von der Landwirtschaft, das sind noch etwa 266.000 landwirtschaftliche Betriebe (Quelle: Statistisches Bundesamt; Stand 2019).
Die weit verbreitete Form der Landwirtschaft in Deutschland ist die konventionelle Landwirtschaft, bei der gezielt Dünge- und Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Die konventionelle Landwirtschaft wirtschaftet heutzutage überwiegend nach den Regeln des integrierten Landbaus.
Darunter versteht man Anbaumethoden, die ökologischen und ökonomischen Erfordernissen in gleicher Weise Rechnung tragen sollen. Der Bauer soll seine Produktionsweise auf die natürlichen Gegebenheiten abstimmen und den Boden optimal schonen, etwa durch umweltgerechte Bewirtschaftung und bedarfsgerechte Düngung sowie Schädlingsbekämpfung.
Der ökologische Landbau, der zunehmend populärer wird, verzichtet freiwillig auf den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln und mineralischen Düngern.
Auch muss das Futter der Tiere auf dem Hof selbst erwirtschaftet werden. Gekaufte Zufütterungen darf es nicht geben. Tierhaltung und Flächennutzung stehen in einem ausgewogenen Verhältnis und begründen einen fruchtbaren Kreislauf.