Eine alte Frau geht mit Gehhilfe spazieren.

Alzheimer

Umgang mit Alzheimer-Patienten

Anfangs erleben Menschen mit Alzheimer recht bewusst, dass sie geistig verfallen. Auch deshalb gilt die Krankheit als grausam. Die Betroffenen fühlen sich hilflos und reagieren mit Wutausbrüchen oder Scham.

Von Julia Ucsnay und Franziska Badenschier

Wie kann man mit Betroffenen umgehen?

Eine 70-jährige Frau beschrieb ihre Gefühle so: "Ich merke, dass es immer mehr bergab geht. Mir ist das furchtbar unangenehm, dass da oben etwas nicht in Ordnung ist. Das ist dann genau so, wie wenn früher über jemanden gesagt wurde: 'Die ist nicht mehr ganz normal.' Man hat aber keine Schuld daran. Ich nehme das sehr schwer."

Im Verlauf der Krankheit können sich die Alzheimer-Kranken immer weniger mitteilen. Für Angehörige ist es nicht leicht, die Veränderungen zu akzeptieren. Sie müssen sich darauf einstellen, sich langsam von einem Menschen zu verabschieden, weil dieser Mensch immer weniger der- oder diejenige ist, die er oder sie einmal war.

Wie erleben die Betroffenen ihr Leiden? Um diese Frage zu beantworten, kann man versuchen, sich in die Situation des Alzheimer-Patienten zu versetzen. Hier geben wir Ihnen ein paar Anhaltspunkte.

Wie fühlt sich Hilflosigkeit an?

Um sich in einen Alzheimer-Patienten zu versetzen, kann man sich Situationen vorstellen, in denen man orientierungslos ist. Stellen Sie sich also zum Beispiel vor, dass Sie gerade in einem fremden Land ankommen, dessen Kultur und Sprache Sie nicht verstehen.

Oder denken Sie an das Gefühl, wenn Sie aus einem intensiven Traum erwachen und für einen Augenblick Wirklichkeit und Traumgeschehen miteinander verwoben sind.

Zivildienstleistender im Altenheim kniet vor einer Frau im Rollstuhl

Geduld und Zuspruch sind wichtig

Auch die eigene Vergesslichkeit können Sie sich bewusst machen: Wie oft liegt einem ein Wort oder ein Name auf der Zunge – und will nicht heraus? Alzheimer-Patienten erfahren dieses Gefühl erschreckend häufig.

Irgendwann gelingt es ihnen nicht mehr, sich mit einem Spaß über die Peinlichkeit hinwegzusetzen. So wird ein kleiner Spaziergang zur Qual, wenn der Patient auf Menschen trifft, deren Namen ihm nicht mehr einfallen.

Auch Konzentrationsmängel lassen sich nachempfinden: Stellen Sie sich vor, Sie hören einem Vortrag zu, doch nach einiger Zeit können Sie den Worten des Redners nicht mehr folgen. Sie vergessen, was der Redner zuvor gesagt hat.

Auch den Anlass des Vortrags kennen Sie plötzlich nicht mehr. Sie fragen sich: Warum sind Sie eigentlich hier? Welches Datum ist heute? Und wer sind die anderen Anwesenden?

Wenn Sie diese Situationen eine Weile verinnerlichen, bekommen Sie einen Eindruck davon, welche Unsicherheit und Angst Menschen erleben, die sich nicht mehr auf ihr Gedächtnis und ihr Denkvermögen verlassen können.

Dann werden auch mögliche Reaktionen plausibel, zum Beispiel die Frage: "Was ist hier eigentlich los?" Oder dass Alzheimer-Kranke viel umhergehen, weil sie einen Anhaltspunkt suchen, etwas Vertrautes, das ihre Unruhe ein wenig lindert.

Vielleicht erinnert die Situation an ein anderes Ereignis, was dazu führt, dass die damit verbundenen Bilder und Gefühle geäußert werden. Manche empfinden Situationen aber als so bedrohlich, dass sie ihr entfliehen wollen und weglaufen.

All diese Reaktionen sind typisch für Alzheimer-Patienten – und, wenn man sich einmal in deren Lage versetzt, durchaus verständlich.

(Erstveröffentlichung 2003. Letzte Aktualisierung 29.06.2020)

Quelle: WDR

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