Kultstätte und Kaderschmiede
Schon nachdem Himmler die Wewelsburg im November 1933 zum ersten Mal besichtigt hatte, traf er den Entschluss, die Schlossanlage für seine Zwecke zu nutzen. Kurz darauf pachtete er die Burg aus dem 17. Jahrhundert vom damaligen Kreis Büren – für den symbolischen Preis von einer Reichsmark pro Jahr.
Nach den Wünschen Heinrich Himmlers sollte die Wewelsburg ein Schulungszentrum für die SS, eine Art "nordische Akademie" werden. Er gründete die "Gesellschaft zur Förderung und Pflege deutscher Kulturdenkmäler e.V.", um auf diese Weise unabhängig von der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) Spenden für sein Bauprojekt einwerben zu können.
Auf Initiative des ersten "Burghauptmanns" Manfred von Knobelsdorff ließ sich eine Gruppe ausgewählter SS-Wissenschaftler auf der Wewelsburg nieder. Ihre Studien, unter anderem in den Bereichen Volkskunde, Ahnenkunde, Archäologie sowie Vor- und Frühgeschichte, sollten vor allem der SS-Rassenlehre eine theoretische Basis geben.
Außerdem beschäftigten sie sich mit germanischen Riten und dem Ahnenkult. Für die Umbauarbeiten waren bis 1938 Freiwillige des Reichsarbeitsdienstes zuständig.
In den folgenden Jahren änderten sich Himmlers Vorstellungen. Zusammen mit dem Architekten Hermann Bartels entwickelte er Pläne, die Wewelsburg zu einem ideologischen Zentrum der SS auszubauen. 1939 begannen die Bauarbeiten. Unter anderem wurde im Nordturm der Wewelsburg ein "SS-Obergruppenführersaal" mit einem Marmormosaik in Form eines Sonnenrades errichtet.
Im Kellergeschoss des Nordturms entstand die "Gruft" zur Ehrung verstorbener SS-Führer. Ausgeführt wurde der Umbau von Häftlingen des eigens dafür errichteten Konzentrationslagers (KZ) in unmittelbarer Nähe der Burg.
Das Konzentrationslager Niederhagen
Ein Häftlingskommando aus Sachsenhausen errichtete 1939 das zunächst noch kleine Lager in der Ortschaft Wewelsburg, das als Außenstelle des Konzentrationslagers Sachsenhausen geführt wurde. Im September 1941 wurde es zum selbstständigen Hauptlager KZ Niederhagen/Wewelsburg erklärt.
In den sechs Jahren, in denen das Lager in Wewelsburg bestand, lebten dort rund 3900 Häftlinge. Darunter waren politische Häftlinge, Sinti und Roma, Zeugen Jehovas, Homosexuelle und Juden.
Auch sowjetische und polnische Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter gehörten zu den Insassen. Ein Drittel der Gefangenen starb in dem Lager, in dem Gewalt und Misshandlungen alltäglich waren. Um die Leichen zu verbrennen, ließ die SS ein Krematorium auf dem Gelände errichten.
1943, nach der Niederlage der Deutschen in der Schlacht von Stalingrad, löste die SS das Lager auf. Grund war ein Erlass, nach dem kriegsunwichtige Bauarbeiten eingestellt werden mussten. Dazu gehörte auch der Umbau der Wewelsburg. 42 Häftlinge blieben als "Restkommando" in Wewelsburg und wurden am 2. April 1945 von amerikanischen Truppen befreit.
Am 30. März 1945 verließ die SS-Mannschaft bereits die Burg. Da Himmler sichergehen wollte, dass die Kunstschätze und Unterlagen, die sich noch auf der Wewelsburg befanden, nicht von den Alliierten entdeckt wurden, ordnete er die Zerstörung der Anlage an. Weil der Sprengstoff jedoch nicht reichte, brannte die Burg zwar aus, doch die Außenmauern und der Nordturm blieben bestehen.
Jugendherberge und Museum
Nach Kriegsende wurde die Schlossanlage wieder aufgebaut. Bereits 1950 wurden die Jugendherberge und das Kreismuseum eröffnet.
Mit der Vergangenheitsbewältigung taten sich die Wewelsburger lange schwer. Nach langer politischer und öffentlicher Auseinandersetzung um die Erinnerung im Ort wurde 1982 die zeitgeschichtliche Dokumentation und Gedenkstätte "Wewelsburg 1933-1945. Kult- und Terrorstätte der SS" als Abteilung des Kreismuseums eröffnet. Sie befindet sich im ehemaligen SS-Wachgebäude am Burgvorplatz.
Seit 2000 gibt es auf dem ehemaligen Appellplatz des KZ Niederhagen ein Mahnmal. Seit 1998 finden regelmäßig jährlich am 2. April Gedenkfeiern zur Erinnerung an die Opfer der SS-Gewalt in Wewelsburg statt.
(Erstveröffentlichung: 2009. Letzte Aktualisierung: 07.10.2020)