Flucht und Vertreibung
Hitlers Krieg im Osten
Die Formulierung "Lebensraum im Osten" klingt harmlos. Doch dahinter steckt ein grausamer und menschenverachtender Gedanke: Die Nationalsozialisten unter Adolf Hitler töteten in Osteuropa und der Sowjetunion Millionen von Menschen, um mehr Platz für das deutsche Volk zu haben.
Von Gregor Delvaux de Fenffe
Am 1. September 1939 begann mit dem deutschen Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg. Es war auch der Anfang eines beispiellosen Eroberungskriegs, dessen Ziel nicht der Sieg über eine andere Nation war. Es ging vielmehr um die totale Niederwerfung, Ausbeutung und Ermordung der sogenannten "slawischen Untermenschen" im Sinne der nationalsozialistischen Rassenlehre.
Dieser ethnisch geführte Krieg des NS-Staates begann mit der brutalen Vertreibung der Polen, die den "Volksdeutschen" weichen mussten. Die osteuropäischen Völker wurden systematisch verfolgt, deportiert und ermordet. Es sollte mehr Raum für deutschsprachige Minderheiten in Osteuropa geschaffen werden.
Hitler bei einer Lagebesprechung
SS-Führer Heinrich Himmler wachte persönlich über die so genannte "Germanisierung" des Ostens und war für die Besiedelung mit "volksdeutschen" und "reichsdeutschen" Wehrbauern zuständig. Bis zum Ural wollte die NS-Spitze die Grenzen des neuen Germaniens ziehen. Die Expansion sah eine so genannte "Verlustquote" von 32 Millionen Russen vor – also den Tod von vielen Millionen Menschen.
Am 22. Juni 1941 überfiel die deutsche Wehrmacht ohne Kriegserklärung die Sowjetunion (das heutige Russland). Acht Millionen Polen, Ukrainer, Weißrussen und Balten mussten fliehen oder wurden von der Wehrmacht vertrieben. Die Nazis verschleppten insgesamt 5,5 Millionen Osteuropäer als Zwangsarbeiter ins Deutsche Reich.
Die Nazis entschieden, welche Rassen getötet werden sollten
Als die Rote Armee drei Jahre nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion in Berlin die deutsche Kapitulation entgegennahm, waren zehn bis 14 Millionen sowjetische Soldaten im Kampf gegen das Deutsche Reich gefallen und vermutlich ebenso viele sowjetische Zivilisten im deutschen Vernichtungskrieg umgekommen. Bis heute lässt sich die Zahl der Toten nicht einmal annähernd genau beziffern.
(Erstveröffentlichung 2005. Letzte Aktualisierung 23.04.2020)
Quelle: SWR