Britische Staatskronen: die Edwardskrone (links) und die Reichskrone

Kronen

Kronen in Europa

Ob Italien, England, Frankreich oder Ungarn: Die großen Monarchien des Abendlandes besaßen besondere Kronen, die nur der Herrscher tragen durfte. Sie unterschieden sich von Land zu Land.

Von Claudia Kracht

Auch andere kostbare Symbole der Herrschaft sollten die Macht und der Unteilbarkeit des jeweiligen Reiches über die Jahrhunderte symbolisieren. Doch die Krone war das wichtigste Zeichen.

Italien: Eiserne Krone von Monza

Im Domschatz von Monza befindet sich heute die vermutlich älteste Krone Europas: Die "Eiserne Krone" von Monza stammt vom Anfang des 9. Jahrhunderts und schmückte einst die Häupter der langobardischen Könige. Wer im frühen Mittelalter über Italien herrschen wollte, musste diese Krone erringen.

In Wirklichkeit besteht sie nicht aus Eisen, sondern aus Gold: ein goldener Stirnreif ohne Bügel, reich verziert mit Saphiren und goldenen Ornamenten auf grünem Grund. Ihren Namen hat sie von einem Eisenreif im inneren Rund erhalten, der – wie man im Mittelalter glaubte – aus einem Nagel vom Kreuz Christi gefertigt worden sein soll.

Die Geschichte begründete den Ruhm dieser Krone, mit der man einer Legende zufolge alle Herrscher des Mittelalters zum König von Italien gekrönt haben soll.

Bild der Eisernen Krone von Monza: Goldener Stirnreif, reich verziert mit Saphiren und goldenen Ornamenten auf grünem Grund; im Inneren ist ein eiserner Ring zu sehen.

Eine "Eiserne Krone" mit viel Gold

England: Edwardskrone

In England hat es nie eine ständige Königskrone wie etwa im Heiligen Römischen Reich oder in Ungarn gegeben. Nach der Eroberung durch die Normannen im Jahr 1066 wurden bei jeder englischen Krönung gleich zwei Kronen verwendet: Die schwere Königskrone beim eigentlichen Krönungsakt und danach eine zweite, leichtere, die später als "State Crown" bezeichnet wurde. Dieser Brauch wird bis zum heutigen Tag beibehalten.

Oliver Cromwell, der Gründer des englischen Commonwealth, ließ nach der Hinrichtung von König Karl I. im Jahre 1649 den gesamten Kronschatz zerlegen und veräußern – als ein Symbol ehemaliger, verhasster Tyrannenherrschaft. Karl II. (1660-1685) ließ einen neuen Kronschatz anfertigen: Drei Herrscherkronen, fünf Frauenkronen sowie die Krone des Prince of Wales.

Mit der 1661 geschaffenen Edwardskrone erinnerte man an König Edward den Bekenner (1042-1066). Es handelt sich um eine Lilienkrone aus Gold, mit 444 Edelsteinen und Perlen besetzt. Sie wiegt stolze 2,25 Kilogramm.

Bis zum 19. Jahrhundert wurde sie von fast allen englischen Königen getragen. Unter George V. (1910-1936) lebte die alte Tradition wieder auf. So wurde auch Elisabeth II. 1953 mit der Edwardskrone gekrönt, die während des Zeremoniells gegen die "Imperial State Crown" ausgetauscht wurde. Die Edwardskrone wird heute im Wakefield Tower in London aufbewahrt.

DIe Replik der Edwardskrone

Die Edwardskrone wird im Londoner Tower aufbewahrt

Frankreich: Lilienkrone

Goldene Lilien auf dunkelblauem Grund: So sah im Mittelalter das Wappen der französischen Könige aus. Daher waren auch die französischen Kronen mit zahlreichen Lilien verziert.

Während des ganzen Mittelalters wurden diese Kronen offen getragen, das heißt: ohne Bügel. Aber keine der zahlreichen Lilienkronen konnte eine so einmalige Stellung erringen wie die Reichskrone. Denn mit dem Herrscher wechselte in Frankreich oft auch die Krone – einer alten Tradition folgend.

Bereits König Philipp I. hatte im Jahre 1108 seine Krone dem Abt der Kirche Saint-Denis (heute ein Stadtteil von Paris) vermacht. Wie Philipp handelten viele seiner Nachfolger. Und so vergrößerte sich der Kronschatz dieser bedeutenden Grabkirche über die Jahrhunderte immer mehr.

Beim Ausbruch der Französischen Revolution von 1789 war die Kirche von Saint Denis dann auch erstes Ziel der protestierenden Menge, die nicht nur die Leichname der Könige aus ihren Gräbern warf, sondern auch den wertvollen Kronschatz plünderte.

Als einzige französische Lilienkrone hat sich bis in unsere Zeit durch Zufall die Krone Ludwigs XV. gerettet. Sie wurde im Jahre 1722 angefertigt. Man findet sie heute im Louvre in Paris – in derselben Vitrine wie die Kaiserkrone von Napoleon I.

Eine üppige Goldkrone, mit großen bunten Edelsteinen besetzt

Die Lilienkrone liegt heute im Pariser Louvre

Ungarn: Stephanskrone

Wie die Reichskrone besitzt auch die Stephanskrone eine fast tausendjährige Tradition. Sie wurde sogar noch im Dezember 1916 getragen, als Kaiser Karl I. von Österreich mitten in den Wirren des Ersten Weltkriegs in Budapest zum König von Ungarn gekrönt wurde, nur knapp zwei Jahre vor dem Untergang der Donau-Monarchie.

Die Geschichte der Krone reicht bis zur Jahrtausendwende zurück: Angeblich soll Papst Silvester II. im Jahre 1001 die Krone an den kurz zuvor zum Christentum übergetretenen ungarischen König Stephan geschickt haben.

Als Zeichen fortdauernder staatlicher Tradition wurde die Stephanskrone in Ungarn zum Gegenstand höchster Verehrung. Lange Zeit galt sie als Symbol und Quelle allen Rechts und der Kontinuität während zahlreicher Epochen der Zerrissenheit und des Verfalls.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangte die Stephanskrone 1945 auf wirren Wegen über die amerikanische Militärregierung in die USA, und erst im Jahre 1978 kam sie wieder zurück in ihre alte Heimat.

Besonders auffällig ist das einzigartige schief stehende Kreuz. Von dem kreisförmigen, mit Perlenschnüren geschmückten Reif hängen vier Pendilien herab, also dünne Goldkettchen, an deren Enden Edelsteine befestigt sind.

Die ungarische Stephanskrone aus vergoldetem Silber mit schiefem Kreuz, besetzt mit Dreiecken und Bögen

Die Stephanskrone erkennt man leicht am schiefen Kreuz

Böhmen: Wenzelskrone

Die Wenzelskrone ist die Krone des ehemaligen Königreichs Böhmen. Vier große goldene Lilien wachsen aus einem Stirnreif hervor; vier breite, edelsteinbesetzte, flache Halbhügel überspannen eine Brokathaube. Auf dem Scheitelpunkt steht ein goldenes Kreuz.

Der Legende zufolge ist in diesem kleinen Kreuz ein Dorn von der Leidenskrone Christi eingeschlossen (Inschrift: "Hic est spina de corona domini" – "Hier ist ein Dorn aus der Krone des Herrn"), eine Reliquie, die der Wenzelskrone eine besondere Bedeutung verleihen sollte.

Die Krone wurde für die Krönung von Wenzel I. im Jahre 1228 angefertigt und im 14. Jahrhundert zweimal umgearbeitet. Seit 1376 zeigt sie sich in der noch heute erhaltenen Form. Auch die Wenzelskrone musste gezwungenermaßen mehrfach den Aufenthaltsort wechseln.

Erst seit 1791 blieb sie ständig in der St. Wenzels-Kapelle im Prager Dom. Die Kronkammer wurde seither nur selten geöffnet. Denn die sieben verschiedenen Schlüssel zu den sieben Schlössern der Kammer befanden sich an sieben verschiedenen Orten.

Im 19. Jahrhundert wurde die Wenzelskrone ein Symbol für die Selbständigkeit und Unabhängigkeit Tschechiens.

Wenzelskrone: Vier große goldene Lilien, besetzt mit üppigen, farbenprächtigen Edelsteinen, wachsen aus einem goldenen Stirnreif hervor

Prunk mit religiöser Bedeutung: die Wenzelskrone

(Erstveröffentlichung: 2004. Letzte Aktualisierung: 15.07.2019)

Quelle: WDR

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